Technik



Vom Rohmaterial bis zum fertigen Werkstück

Pferde hat sicherlich jeder schon mal gesehen. Abgesehen von Ihrer Bewegungseleganz, Intelligenz, Lernfähigkeit und auch Lernbereitschaft bestechen sie auch meist durch ihre Schönheit. Nicht selten faszinieren u.a. die Mähnen und Schweife dieser Tiere. Und genau aus diesen Mähnen- und Schweifhaaren kann man durchaus Gebrauchsgegenstände oder Schmuck herstellen.


Alle hier gezeigten Objekte sind handgefertigt, entweder geflochten oder gehicht. Hitchen ist eine Art Knotentechnik, bei der die Pferdehaare um einen Baumwollfaden geschlungen werden, der sich Runde um Runde um einen Stock wickelt. Geflochten werden kann entweder als flacher Strang oder als Strang mit rundem oder quadratischen Querschnitt.


Je größer das Werkstück, desto mehr Wert sollte auf möglichst lange Haare als Ausgangsmaterial gelegt werden. Deshalb verwende ich vor allem Schweifhaare, ist eine Mähne aber lang genug, spricht selbstverständlich auch nichts dagegen, Mähnenhaare zu verwenden.


Ich verarbeite ausschließlich naturbelassene Haare. Pferdehaare können zwar genau wie menschliche Haare auch gefärbt werden, da aber schon natürlich viele Farben existieren, beschränke ich mich auf dieses Naturtöne. Selbstverständlich werden alle Haare vor der Verarbeitung mehrfach gewaschen und entfettet.


Kann ein einzelnes Haar noch schnell reissen, erhöht sich die Reißfestigkeit drastisch, wenn man mehrere Haare zu einer Strähne verzwirbelt.



Flechten als flacher Strang


Wer kennt sie nicht, die geflochtenen Zöpfe aus 3 Haarsträhnen, wie sie oft in Damenfrisuren zu finden sind. Mit Pferdehaaren geht das selbstverständlich ebenso. Allerdings lassen sich auch Flechtmodelle entwickeln mit deutlich mehr als nur 3 Strängen.


6 Stränge

5 Stränge

Der Phantasie sind hierbei keine Grenzen gesetzt, lediglich das Fassungsvermögen des Verschlusses bestimmt, wieviele Haare in wievielen Strängen verarbeitet werden können. Denkt man aber z.B. an einen Stirnriemen einer Trense, so ist es durchaus denkbar deutlich mehr Strähnen zu verarbeiten und dann an den jeweiligen Enden in Leder einzufassen.




Flechten mit quadratischem Querschnitt


Ein Strang mit quadratischem Querschnitt entsteht aus 12 Strähnen verzwirbelter Haare. Auch hierbei lassen sich sowohl einfarbige als auch gemusterte Stränge fertigen. Und je nach dem, wie diese Stränge dann zusammengenäht werden, lassen sich ganz unterschiedliche Objekte fertigen.

Gürtel

Körbchen

Armband


Flechten als Strang mit rundem Querschnitt


Tja, auch wenn man diese Technik ausgeführt mit Lederbändern immer wieder sehen kann, ich selbst kann es leider noch nicht. Ich habe mir zwar fest vorgenommen, diese Technik bald zu lernen, kann derzeit aber eben noch nicht mit eigenen Bildern dienen.




Hitchen

Oftmals findet man Quellen, die behaupten, diese Art von Knotentechnik, bei der die Pferdehaarsträhnen um einen Baumwollfaden geschlungen werden, der sich Runde um Runde um einen Stock wickelt, so dass am Ende ein schlauchförmiges Werkstück entsteht, hätte indianischen Ursprung. Dies ist jedoch wohl eher ein Irrglaube. Auch wenn man gerade im Südwesten der USA bis hinein nach Mexico durchaus häufig Sattelzeug mit gehitchten Dekorelementen findet, stammt die Technik des Hitchens trotzdem aus Afrika.

Dort wurden natürlich keine Pferdehaare verwendet, vielmehr gibt es historische Funde mit Elefantenhaar. Mit den afrikanischen Sklaven kam das Hitchen auch auf den amerikanischen Kontinent, wo die Indianer des Südwestens und der Plains mit ihrer Vorliebe für geometrische Muster, die sich beim Hitchen gut darstellen lassen, die Technik des Hitchens auch teilweise übernahmen. Dabei bot sich die Verwendung von Pferdehaaren geradezu an, weshalb natürlich auch vorrangig Objekte rund um das Pferd mit solchen Dekorelementen verziert wurden. Das erklärt auch die großflächige Ausbreitung über den gesamten amerikanischen Kontinent, denn verbreitet wurde diese Technik vor allem durch ... Cowboys.


Und wo kamen Sklaven, Indianer und Cowboys zusammen und hatten zudem nicht nur genügend Zeit, die Technik des Hitchens zu erlernen, sie hatten auch genügend Zeit, entsprechende Werkstücke in Ruhe herzustellen? ... Im Gefängnis. Die Afrikaner hatten die Technik, die Indianer die Muster und die Cowboys sorgten für die Verbreitung. ... Wobei es damals in den Gefängnissen eine Ehre war (oder teuer erkauft werden musste), diese Technik erlernen zu dürfen und somit etwas zu tun zu haben anstatt einfach nur dazusitzen und zu warten, bis die Strafe abgesessen war.


Auch beim Hitchen sind der Phantasie kaum Grenzen in Bezug auf Mustervielfalt gesetzt. Mit der richtigen Knotentechnik lassen sich gerade Linien, Diagonalen und Rauten erzeugen, welche sich in nahezu unendlichen Varianten kombinieren lassen.


Share by: