Historisches

Historisches

Eigentlich wollte ich ja nicht näher auf all die Kämpfe, Schlachten und teilweise Massaker eingehen, die es immer wieder zwischen Indianern und Einwanderern europäischer Herkunft gegeben hat. Um das hierzulande vorherrschende Bild von Indianern allerdings ein bisschen gerade zu rücken, sollten einige Dinge dann aber doch auch hier nicht ganz unerwähnt bleiben.

Demnächst mehr ...

Wie war das nochmal mit den Pilgervätern, der Mayflower und Thanksgiving?

Ende des 17. Jahrhunderts regierte in England Queen Elisabeth I. und schrieb, ebenso wie auch andere Regenten Europas, ihren Untertanen vor, wie sie ihren Glauben auszuleben hätten. Unter anderem die Gruppe der sogenannten Puritaner war damit jedoch nicht einverstanden. Sie wollten die Kirche nach calvinistischen Grundsätzen reformieren und von nach ihrer Meinung unnützem Schnörkel befreien. Alles, was nicht ausdrücklich in der Bibel stand, sollte abgeschafft werden. Dies führte selbstverständlich zu heftigsten Auseinandersetzungen. Als 1603 Queen Elisabeth I. starb und King James I. den Thron bestieg, machten sich die Puritaner zunächst durchaus Hoffnungen, endlich ihre Glaubensgrundsätze durchsetzen zu können. 


King James I. jedoch hatte daran nicht das mindeste Interesse und drohte damit, die Puritaner aus dem Land zu jagen, wenn sie ihn weiter mit solchen Dingen behelligen würden. Da diese jedoch in Glaubensfragen ziemlich radikal waren, ließen sie King James natürlich nicht in Ruhe, was dazu führte, dass dieser sie tatsächlich des Landes verwies. Wer nicht auf dem Land untertauchte, oder auswanderte, wurde gnadenlos verfolgt und landete im Gefängnis. Offener Protest gegen die anglikanische Staatskirche galt als Hochverrat und somit waren Verfolgung, Folter und Hinrichtung an der Tagesordnung.


Die Niederlande galten zu dieser Zeit als sehr liberal und so zogen einige Puritaner es vor, 1608 nach dort auszuwandern in der Hoffnung, von dort aus doch noch die anglikanische Kirche reformieren zu können. Die Niederländer wiederum waren ihnen zu liberal und somit wollten die Puritaner auf gar keinen Fall, dass ihre Kinder einmal wie diese niederländische Freigeister würden. Somit blieb ihnen letztendlich nichts anderes übrig, als sich abermals auf den Weg zu machen, um einen Ort zu finden, wo sie so leben konnten, wie ihr Glaube dies verlangte.


1620 machte man sich deshalb von den Niederlanden aus auf den Weg, um zunächst in Südengland weitere Puritaner aus dem Untergrund zu treffen und mit ihnen zusammen nach Amerika aufzubrechen. Die Reise war jedoch schlecht vorbereitet und so häuften sich die Schwierigkeiten, was letztendlich dazu führte, dass viele aufgaben und die wenigen Verbliebenen viel später als geplant die Reise nach Amerika antraten. Dazu mussten sie ein Frachtschiff - die später so berühmte „Mayflower“ - anmieten, die sie sich allerdings mit einigen Abenteurern, die in Virginia ihr Glück suchen wollten, teilen mussten. Jedoch so radikal sie auch in Glaubensfragen waren, so liberal waren sie im Umgang mit Menschen. Somit herrschten schon auf der Überfahrt Toleranz und Respekt gegenüber allen Mitreisenden ohne Ansehen der Religion.

Insgesamt 102 Personen, die später dann als „Pilgerväter“ in die Geschichte eingehen sollten, traten im Herbst des Jahres 1620 dann tatsächlich die Reise nach Amerika an.


Diese Jahreszeit ist für solch eine Ozeanüberquerung allerdings aufgrund der immer wieder auftretenden Stürme denkbar ungünstig und somit sind bereits auf der Überfahrt viele verstorben. Ziel der Reise war eigentlich das Flusstal des Hudson River im heutigen New York State. Allerdings hatten sie aufgrund der Herbststürme die Orientierung verloren und somit sahen sie am 9.11.1620 nach 65 Tagen auf äußerst rauher See zwar zum ersten Mal wieder Land, dieses Land war allerdings das heutige Cape Cod, das heißt sie waren hunderte Meilen zu weit nördlich. Der Kapitän versuchte zunächst, diesen Fehler auszugleichen, indem er an der Küste entlang südwärts segelte, eine Umsegelung von Cape Cod ist zu dieser Jahreszeit allerdings viel zu gefährlich, so dass er wieder umkehrte und man es vorzog, am nördlichen Zipfel von Cape Cod vor Anker zu gehen.


Für Puritaner zählt der einzelne mehr als die Hierarchie. Bei bedeutsamen Fragen ist immer die Übereinstimmung aller Gemeindemitglieder wichtig. Wenn eine gemeinsame Entscheidung getroffen wurde, gehen Puritaner davon aus, dass dies dann auch Gottes Wille ist. Somit war es ihnen nun auch wichtig, gemeinsam festzulegen wie ihr Leben in der neuen Heimat aussehen sollte, und es wurde - noch bevor der erste von ihnen einen einzigen Fuß an Land gesetzt hatte - zunächst ein Vertrag, der sogenannte „Mayflower-Vertrag“ geschlossen, der nahezu alle Rechte und Pflichten regelte und der allen die gleichen Rechte ohne Ansehen der Religion zusicherte. (Heute wird dies als die erste Verfassung in der Geschichte Amerikas angesehen.) Und erst als alles einvernehmlich geregelt war, ging man am 15.11.1620 zum ersten Mal an Land, um zu erkunden, wo ein geeigneter Lagerplatz zu finden sei. Zunächst erschien das Land völlig unbewohnt. Da man sich damals auch in Europa viele Greuelgeschichten über Indianer erzählte, fanden die Einwanderer es überaus beruhigend, zunächst kein einziges Lebenszeichen irgendwelcher Indianer zu finden. Auf ihrer Erkundungstour stießen sie allerdings auf in der Erde vergrabenes Saatgut. Dass dies bedeutet, dass normalerweise durchaus Menschen in dieser Gegend leben, hat sie allerdings wenig beeindruckt. Ihre eigenen Vorräte gingen zur Neige bzw. waren längst aufgebraucht und somit waren ihnen die Dinge, die sie im Boden vergraben fanden, überaus willkommen und sie haben sie als „Geschenk Gottes“ mitgenommen. Hemmungen, sich einfach ohne Rücksicht auf den rechtmäßigen Eigentümer das zu nehmen, was sie brauchten, hatten sie nicht. (Man sagt, sie hätten „freundlicher Weise“ einen Zettel dagelassen, dass sie später für die Waren zahlen würden. Eine solche Bezahlung hat es jedoch niemals wirklich gegeben. Deshalb lachen die Indianer heutzutage darüber und sagen, dass sie schon damals von europäischen Einwanderern nach Strich und Faden belogen wurden.)


Cape Cod war für die Indianer der Gegend, die Wampanoag, in den Wintermonaten unbewohnbar. Im Sommer jedoch war diese Landschaft sehr beliebt und die Wampanoag hatten dort unter anderem ihre Gärten. War die Ernte eingebracht, wurde das Saatgut für das nächste Jahr in Vorratsgruben im Boden vergraben und die Wampanoag zogen für den Winter in etwas freundlichere Gegenden. Deshalb war bei Ankunft der Pilgerväter auch zunächst kein Lebenszeichen von ihnen zu finden. Die Einwanderer hatten trotzdem so viel Angst vor möglichen Indianerangriffen, dass sie trotz bitterlicher Kälte und einigen Todesfällen nicht einmal wagten, ein Feuer zu entzünden.

Allerdings konnten die Pilgerväter auf Cape Cod keinen Platz finden, der sich für die Errichtung einer Siedlung eignet und machten sich auf zur anderen Seite der Bucht, wo sie im Dezember 1620 kurz vor Weihnachten in der Nähe des heutigen Plymouth landen.


Der Platz bestand zwar fast nur aus Sand, schien sich aber ansonsten zur Besiedelung zu eignen. Sie fanden dort zwar Gräber und menschliche Überreste, was eigentlich eher schlechte Vorzeichen waren, jedoch waren sie viel zu erschöpft, um nach einem anderen, möglicher Weise besseren Siedlungsplatz zu suchen. Außerdem dachten sie, dass Gott vielleicht nur das Land „gereinigt“ hat, damit dort nun die von ihm auserwählten Menschen (also die Pilgerväter) leben konnten. Sie hatten keine Vorräte und kein frisches Gemüse mehr, viele waren krank oder sowieso schon verstorben. Aber trotzdem fingen sie Weihnachten an, die ersten Häuser zu errichten. 

Die Wampanoag, die sich selbst „Menschen des ersten Lichts“ nannten, da sie an der östlichsten Landspitze lebten, wo die Sonne zuerst aufgeht, lebten umgeben von den Massachuset, den Nipmuc, den Mohegan, den Pequot und den Narragansett.


Sie alle gehören zu der großen Sprachfamilie der Algonquin, sprachen jedoch verschiedene Dialekte. Es gab immer wieder verschiedene Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Stämmen, die dann manchmal friedlich manchmal aber auch kriegerisch ausgetragen wurden. Dadurch konnte es dann auch sein, dass der Schwächere an den Überlegenen eine Art Tribut zahlen musste, wobei die Wampanoag die meisten dieser Auseinandersetzungen vor allem mit den Narragansett hatten.

Sie lebten von allem, was das Meer zu bieten hatte, nutzten das Süßwasser für ihre Felder, wo sie hauptsächlich Mais, Bohnen und Kürbis anbauten, und in ihren Wäldern gab es mehr als genug Wild, so dass sie grundsätzlich gut über den Winter kamen. 1615 gab es mehrere 10000 Wampanoag, so dass die Franzosen lieber keine Kolonien im Gebiet der Wampanoag gründen wollten, weil es ihnen dort zu viele Menschen gab. Es kamen schon mal „Besucher“, die manchmal auch Wampanoag entführten, aber seit Columbus waren nicht allzu viele „Besucher“ im Gebiet der Wampanoag gewesen. 1617 - 1619 hatte es allerdings eine Epidemie gegeben, die die Wampanoag hart getroffen hatte. Es lässt sich heutzutage schlecht sagen, welche Krankheit es genau war, jedoch kannten die Wampanoag keine wirkungsvolle Medizin gegen diese Krankheit, wodurch oftmals ganze Dörfer komplett ausgelöscht wurden. Allein durch diese Epidemie starben bald 90% der Wampanoag und ihre ganze Welt stand Kopf. Gab es ursprünglich in dem Dorf Patuxet etwa 2000 Wampanoag so lebte 1620 so gut wie kein einziger mehr von ihnen. (Und genau dieser Ort Patuxet war der Ort, wo die Pilgerväter ihre ersten Häuser - und damit das heutige Plymouth - erbauten.)


Den Narragansett kam diese Epidemie sehr gelegen, sahen sie darin doch eine gute Gelegenheit, die Wampanoag nun endlich zu unterwerfen. Somit waren die Wampanoag doppelt unter Druck und durchaus auf der Suche nach geeigneten Verbündeten, die am besten sowohl gegen die Narragansett als auch gegen die Krankheit helfen konnten. Deshalb hat Massassoit, der damalige Anführer der Wampanoag die Ankunft der Pilgerväter auch mit gemischten Gefühlen zur Kenntnis genommen. Auf der einen Seite hatte es sich durchaus auch bis zu ihm herumgesprochen, wie europäische Einwanderer anderenorts mit Indianern umgesprungen waren, aber wie sollte denn von so wenigen, die dazu auch noch offensichtlich krank und schwach waren, eine ernsthafte Bedrohung ausgehen? Außerdem waren sie mit Frauen und Kindern gekommen. So zieht nach Ansicht der Indianer aber niemand in den Krieg. Deshalb ließ er sie zunächst nur möglichst unbemerkt beobachten.


Gerade in diesem ersten Winter war die Sterberate unter den Pilgervätern mit etwa 50% sehr hoch. Fast täglich starben Menschen. Nachts hörten sie für sie unbekannte Geräusche. War das der Teufel? Oder waren es die wilden Indianer? Waren die Indianer überhaupt eine Bedrohung? Schließlich hatte sich noch kein Indianer blicken lassen. Dabei mussten doch welche in der Nähe sein. Es fehlte zwar an allen Ecken und Enden an Arbeitskräften, aber man wollte Stärke zeigen, da ansonsten ein möglicher Überfall der Indianer das sichere Ende bedeutet hätte. Deshalb wurden tagsüber selbst Kranke als Wachen abgestellt. Dazu lehnte man sie an Bäume und band sie gegebenenfalls dort auch fest in der Hoffnung, dass die Indianer den Schwindel nicht bemerken würden. Tote wurden grundsätzlich nachts beerdigt, damit kein Indianer feststellen könne, wie viele der Einwanderer noch übrig waren. (Waren zunächst 102 Personen in Richtung Amerika aufgebrochen, so hatte man bis zum Ende des Winters bereits 45 von ihnen beerdigt. Von den ursprünglich 18 Frauen hatten gerade mal 5 überlebt.)


Die Wampanoag, die die Einwanderer die ganze Zeit beobachtet hatten, waren von deren Hartnäckigkeit und Durchhaltevermögen beeindruckt. Außerdem hatten sie gehört, dass auch kleine Gruppen europäischer Einwanderer manchmal sehr starke Verbündete bei kriegerischen Auseinandersetzungen sein konnten bzw. dass europäische Einwanderer manchmal Medizin gegen Krankheiten kannten, die den Indianern bis dahin unbekannt war. Somit erhoffte sich Massassoit durch eine Allianz mit den Pilgervätern große Vorteile für die Wampanoag. Viele der anderen Anführer der Wampanoag plädierten zwar dafür, die europäischen Einwanderer endlich auszulöschen, Massassoit mahnte jedoch zur Geduld und die endgültige Entscheidung hierzu lag ausschließlich bei ihm. Damals meinte Massassoit auch noch, dass er durchaus in der Lage sein sollte, diese gerade mal etwa 50 Leute unter Kontrolle zu halten und somit von ihnen lernen und nur profitieren zu können.


Als nun endlich der erste Frühling kam, hatten die Pilgerväter die Hoffnung, das Schlimmste überstanden zu haben. Das einzige was sie immer noch stark beunruhigte, war die Tatsache, dass sie bis dahin immer noch keinen einzigen Indianer zu Gesicht bekommen hatten. Das sollte sich jedoch bald ändern. Am 16.3.1621 stand plötzlich ein Indianer auf einem nahe gelegenen Hügel, der nicht die geringste Angst vor dem Kontakt mit den Pilgervätern zu haben schien. Da die Pilgerväter zunächst grundsätzlich allen Kreaturen gegenüber tolerant waren (man konnte ja nie wissen, ob man sie nicht mal als Verbündete für ein gottgefälliges Leben brauchen könnte), sahen sie auch in diesem Indianer nicht den furchteinflößenden Wilden aus all den Greuelgeschichten, die sie bis dahin gehört hatten, sondern vor allem ein menschliches Wesen und haben ihn entsprechend behandelt.


Dieser Indianer war ein Mann, der bereits engeren Kontakt mit englischen Siedlern gehabt hatte und sich dadurch etwas mit der englischen Lebensweise auskannte und auch ein bisschen Englisch sprach. Englische Siedler hatten ihm den Namen Samoset gegeben und Massassoit hatte ihn nun geschickt, um mit den Pilgervätern Kontakt aufzunehmen und diese möglicherweise als Verbündete zu gewinnen. Massassoit selbst hielt sich zunächst mit einigen seiner Krieger im Hintergrund, da Samoset erst herausfinden sollte, ob die Einwanderer wirklich freundlich gesinnt seien. Als Samoset jedoch freundlich aufgenommen wurde, kam auch Massassoit mit etwa 60 Kriegern in das Dorf, um nun selbst mit den Einwanderern zu sprechen.


Da Massassoit selbst nicht der englischen Sprache mächtig war, diente ein Mann namens Tisquantum (manchmal auch nur kurz Squanto genannt) als Dolmetscher. Tisquantum war einer derjenigen, die von den oben erwähnten „Besuchern“ früher mal entführt und als Sklave nach Europa verschleppt worden war. Dadurch war er jetzt nach seiner Rückkehr zwar mit europäischen Gewohnheiten vertraut und sprach auch genügend englisch, allerdings hegte er selbst eine große Abneigung gegen die Einwanderer und hat im Zuge seiner Übersetzungen auch immer wieder versucht, Massassoit gegen die Siedler aufzubringen und seine eigene Machtposition zu stärken. Massassoit versprach sich jedoch trotzdem sehr große Vorteile von einer Allianz mit den Pilgervätern und so wurde vereinbart, dass die Wampanoag und die Pilgerväter sich gegenseitig helfen und von einander lernen sollten.


Aus diesem Grund schickte Massassoit auch prompt gleich am nächsten Tag Leute zu den Einwanderern, um ihnen zu zeigen, wie man Mais pflanzt und wie man mit den sonstigen einheimischen Pflanzen umgeht. Die Wampanoag versorgten die Pilgerväter mit Nahrungsmitteln und Fellen und erhielten dafür Messer, teilweise Waffen und andere europäische Gebrauchsgegenstände. Das auf Cape Cod gestohlene Saatgut gedieh prächtig (das aus Europa mitgebrachte Saatgut überhaupt nicht) und es entwickelte sich ein überaus reger „Kulturaustausch“, der von beiden Seiten überaus geschätzt war. Die Siedler hatten die Erzählungen über die „grausamen Wilden“ zwar nicht völlig vergessen und blieben immer ein wenig zurückhaltend gegenüber den Wampanoag, aber die Wampanoag waren in ihrer Siedlung nicht nur geduldet sondern wirklich gern gesehen und manchmal entwickelten sich auch sehr enge Freundschaften.


Im Spätsommer bis Herbst 1621 hatten die Siedler eine riesige Ernte und somit war es auch für die Pilgerväter an der Zeit, Gott für diese reiche Ernte zu danken. Die Wampanoag haben vielleicht nicht den calvinistischen Hintergrund von diesem Dank an Gott verstanden, aber sie waren jetzt Freunde und somit auf einer solchen Dankesfeier sehr gerne gesehen und auch voll integriert. Und auch, wenn die Wampanoag vielleicht nicht den Brauch des Erntedanks kannten, so kannten sie zu etwa der gleichen Jahreszeit das sogenannte „Green Corn Fest“. Egal, was für Auseinandersetzungen es das Jahr über gegeben hatte, Green Corn Fest ist ein Fest der Vergebung. Die streitenden Parteien schließen beim Green Corn Fest wieder Frieden und alles Vergangene ist vergessen. Zusätzlich ist das Green Corn Fest eine gute Gelegenheit, neue Freundschaften zu schließen und alte zu festigen. Somit war auch den Wampanoag daran gelegen, ein solches Fest zusammen mit den Pilgervätern zu feiern.


Die Pilgerväter bereiteten also ihr erstes Thanksgiving in der neuen Heimat vor und Massassoit und einige seiner Krieger, die gleich fünf ganze Hirsche dazu mitbrachten, sollten daran teilhaben. Es war ein riesiges Fest, das ganze drei Tage gedauert hat. (Heute kann man allerdings nicht mehr feststellen, an welchem Tag genau dieses Fest stattgefunden hat. Deshalb wird es heutzutage in den USA immer am vierten Donnerstag im November und in Kanada am zweiten Montag im Oktober gefeiert.)


Leider wird in den meisten Geschichtsbüchern die Integration der Indianer gerade zu Thanksgiving jedoch größtenteils vergessen, wodurch sich heutzutage Thanksgiving für die Indianer eher zu einer Art Volkstrauertag entwickelt hat. Für die damaligen Siedler war aber gerade die Integration der neu gewonnenen Freunde überaus wichtig.


Übrigens, die Freundschaft zwischen den Wampanoag und den Siedlern hielt viele Jahre an. Erst nach Massassoits Tod im Zuge des sogenannten „King Philip´s War“ wurde den Indianern das Recht auf Freiheit abgesprochen und man deportierte sowohl Männer als auch Frauen und Kinder als Sklaven. Aber das ist eine andere Geschichte...



King Philip´s War

Wie bereits bei meinen Ausführungen zu den Pilgervätern beschrieben, bestanden zunächst zwischen den Pilgervätern und den Wampanoag sehr freundschaftliche Beziehungen. Das lag vor allem an der Beziehung zwischen Massassoit und einem Mann namens Edward Winslow. Bevor Massassoit das Lager der Pilgerväter zum ersten Mal betrat, hatte er, da er schon einige Geschichten über die Hinterlist so mancher Einwanderer europäischer Herkunft gehört hatte, darauf bestanden, dass vorsichtshalber während seines Besuches im Dorf eine Geisel an die Wampanoag auszuliefern sei. Da Edward Winslows Frau kurz zuvor verstorben war und dieser nun gar keine Familie mehr hatte, hatte er nun auch nichts mehr zu verlieren und stellte sich somit als besagte Geisel zur Verfügung. Schon allein deshalb hatte er in den Augen der Wampanoag eine besondere Bedeutung.


Zwei Jahre später war Massassoit schwer erkrankt. Bei Indianern ist es dann üblich, dass von überall her Freunde und Verwandten herbeieilen und möglichst bei der Genesung helfen. Auch im Dorf der Pilgerväter hatte man von Massassoits Krankheit gehört und es war wiederum Edward Winslow, der im Namen der Dorfbewohner zu Massassoit reiste. Die Medizin, die er mitbrachte hat Massassoit zwar höchstwahrscheinlich nicht wirklich viel geholfen, aber Massassoit erholte sich wieder und wusste es sehr zu schätzen, dass Edward Winslow sich immerhin sehr um ihn bemüht hatte, und es entwickelte sich zwischen beiden eine überaus vertrauensvolle Freundschaft. Die meisten anderen Einwohner des damaligen Plymouth waren zwar distanzierter gegenüber den Wampanoag, aber der gegenseitige „Kulturaustausch“ wurde stetig intensiver.


Handelsbeziehungen bestanden vor allem bezüglich Biberfellen, die damals in Europa äußerst beliebt waren, und Stahlwaren, die den Indianern das Leben erleichtern sollten. Aber auch schon vor der Bekanntschaft mit Europäern hatten die Indianer untereinander bereits Handel betrieben. Dabei dienten ihnen als eine Art Geld sogenannte Wampums. Das sind mehr oder weniger breite Bänder, die aus Perlen, die man aus Muschelschalen hergestellt hatte, gewebt wurden.

Die traditionelle Art dieser Perlenherstellung war allerdings sehr aufwendig, wodurch Wampums grundsätzlich sehr wertvoll waren. Durch den Handel mit den europäischen Einwanderern erhielten die Indianer aber nun unter anderem Metallbohrer, die die Wampumherstellung deutlich vereinfachten, somit aber auch zu einem drastischen Wertverfall dieser Wampums führten. Und je weniger die Wampums wert waren, desto mehr musste auf andere Ressourcen wie z.B. den Pelzhandel zurückgegriffen werden, um weiterhin im Handel vor allem um die europäischen Waren wettbewerbsfähig zu sein. Aber, auch wenn in den Wälder der Wampanoag zunächst viele Felle für den Pelzhandel zu erbeuten waren, im Laufe der Jahre wurde auch die Pelzbeschaffung und somit die Versorgung der Familien für die Wampanoag immer schwieriger. Dazu kam, dass im Frühling 1630 etwa 1000 neue Einwanderer aus England anreisten und sich in der Massachusetts Bay in der Nähe des heutigen Boston ansiedelten.

Im Gegensatz zu den Pilgervätern, die aus England mehr oder weniger geflohen waren, kamen diese Puritaner nun, um ein neues England zu gründen und um das Christentum zu verbreiten. Nach und nach kamen immer mehr Boote mit weiteren Einwanderern, die nicht nur eine Ortschaft nach der anderen gründeten, mit ihnen kamen auch immer wieder Krankheiten wie z.B. die Pocken und europäische Haustiere wie z.B. Schweine. Wenn die Indianer vor der Ankunft der Europäer flohen bzw. an von Europäern eingeschleppten Krankheiten starben, sahen diese neu angekommenen Puritaner darin ein Zeichen Gottes, dass er das Land gereinigt hat, damit es nun dieses „auserwählte“ Volk der Puritaner in Besitz nehmen kann. Skrupel gegenüber den Indianern kannten sie nicht im Mindesten.


In weniger als einer Generation sah sich Massassoit von etwa 20000 Einwanderern europäischer Herkunft nahezu umringt, die unter anderem ihre Schweine meist frei laufen ließen. Diese Schweine nun fraßen alles, was ihnen in die Quere kam und machten auch vor den Anbaufeldern der Wampanoag nicht halt. Aber sie zerstörten nicht nur Anbaufelder, sie fraßen auch die Dinge, die sonst das Wild fraß, welches normaler Weise die Wampanoag jagten. Und da Schweine in dieser Gegend keine natürlichen Feinde hatten, wurden sie bald zu einer wahren Plage für die Indianer. Nicht nur, dass ihre Wampums an Wert verloren und der Pelzhandel immer schwieriger wurde, durch die Schweine wurde auch die sonstige Nahrungsbeschaffung deutlich erschwert.

Je zahlreicher die europäischen Einwanderer wurden, desto mehr Land benötigten sie. Deshalb beschlossen die Engländer irgendwann, die Pequot anzugreifen und sich so deren Ländereien anzueignen. Im Zuge dieses „Pequot-Krieges“ haben die Engländer im Frühjahr 1637 unter anderem ein Dorf der Peqout mit insgesamt 700 Männern, Frauen und Kindern komplett ausgerottet und sind dabei mit den Bewohnern alles andere als zimperlich umgegangen. Die Wampanoag waren über die Grausamkeit der Europäer zutiefst erschrocken. 


Deshalb versuchte Massassoit vorsichtshalber, die alte Freundschaft und den alten Vertrag zwischen den Wampanoag und den Pilgervätern nicht in Vergessenheit geraten zu lassen und somit nochmal die Allianz zwischen den Wampanoag und den Engländern zu bestätigen. Trotzdem beschränkten sich die Engländer bei ihren Handelsbeziehungen nicht mehr nur auf die Wampanoag. Dadurch gerieten diese immer mehr unter Druck und auch, wenn es für Indianer eigentlich unvorstellbar ist, Land, das „Mutter Erde“ kostenfrei zur Verfügung stellt, zu verkaufen, sah sich Massassoit irgendwann doch gezwungen, genau dieses zu tun.

Während des Krieges mit den Pequot, also mehr als 20 Jahre nach Ankunft der Pilgerväter, wurde Massassoits Sohn Metacom (später auch Philip genannt) geboren. Er wuchs auf in einem Ort, den die Wampanoag Montaup nannten (europäische Einwanderer machten daraus dann später Mount Hope im heutigen Rhode Island) und kannte nur das Leben der Wampanoag in Gemeinschaft mit den Engländern. Mitte des 17. Jahrhunderts machte er sich vor allem dadurch einen Namen, dass er ein Faible für feinen Schmuck und sehr detailreich gearbeitete Wampums hatte (Oftmals wurde er beschrieben als jemand, der reichhaltig mit Wamums behängt durch die Straßen des damaligen Boston lief, um allen seinen Wohlstand und seine Macht zu zeigen, und der sich in dieser von Wampanoag und Engländern gemeinsam geschaffenen Welt sehr wohl fühlte.). Philip war auch einer der wenigen Wampanoag, der sogar selber Schweine hielt und zu seinen engsten Freunden zählten sowohl Wampanoag als auch Engländer. 

Als Philip langsam erwachsen wurde, erkannte er immer mehr die Probleme, mit denen sein Vater Massassoit zu kämpfen hatte: Die einstigen Stammesgebiete der Wampanoag in der Massachussetts Bay besetzten nun europäische Einwanderer, Krankheiten schwächten weiterhin die Wampanoag und der einstige enge Vertraute Massassoits, Edward Winslow, war tot. Die neuen Anführer in Plymouth erinnerten sich herzlich wenig an die Zeiten, als die Pilgerväter noch auf Massasoits Hilfe angewiesen waren. Vielmehr lebten sie nach dem Motto: „Wenn Du mit uns zusammen leben möchtest, dann musst Du auch einer von uns werden.“ Die Indianer sollten zum Christentum konvertieren und alles musste so gemacht werden, wie die Engländer es für richtig hielten. Indianische Traditionen wurden verboten und nach Möglichkeit ausgerottet. Nur wer nach englischen Vorgaben lebte, konnte auf Schutz und „ewiges Leben“ hoffen. Wer also überleben wollte, dem blieb kaum eine andere Wahl als genau diesen Vorgaben zu folgen, schließlich hatten die Wampanoag unter anderem im Laufe des Pequot-Krieges gesehen, wie mächtig und vor allem wie grausam die Europäer sein konnten, wenn man sich ihren Wünschen widersetzte.


Massassoit selbst hat jedoch bis zu seinem Tod im Jahre 1661, also etwa 40 Jahre nachdem sich die Wampanoag mit den Pilgervätern verbündet hatten, alles in seiner Macht stehende versucht, dass zumindest keine Missionare in den den Wampanoag noch verbliebenen Gebieten ihr Unwesen trieben.


In etwa zu dieser Zeit kam aber auch eine neue Riege englischer Anführer an die Macht. Männer wie z.B. Josiah Winslow, Edward Winslows Sohn, der aber im Gegensatz zu seinem Vater jeglichen Kontakt zwischen den Wampanoag und den Engländern lieber heute als morgen zerstört hätte. Philip übernahm mit gerade mal Mitte 20 die Aufgaben seines Vaters Massassoit nach dessen Tod, wobei die Zeiten damals für Philip als Anführer der Wampanoag äußerst schwierig und gefährlich waren. Der Pelzhandel und der Wampumhandel waren stark rückläufig, die Nachfrage der Europäer nach dem Land der verschiedenen Algonqiun-Stämme stieg stetig an und viele Indianer zogen es aus den unterschiedlichsten Gründen vor, sich dem Lebensstil der europäischen Einwanderer anzupassen. Die Welt, so wie Philip sie von klein auf kannte, brach immer mehr in sich zusammen. Philip versuchte die schwierige Gratwanderung die Allianzen mit den Engländern zu behalten aber gleichzeitig auch das zu behalten, was an Eigenständigkeit und Souveränität der Wampanoag noch übrig war. Er hielt sich an die Verträge, die sein Vater geschlossen hatte, und verweigerte ebenso wie Massassoit immer wieder die Versuche puritanischer Missionare, ihn zu konvertieren. (Er sagte immer, wenn er ein betender Anführer werde, werde er ein schlechter und schwacher Anführer sein). Er versuchte zwar, sich ebenso wie sein Vater dem ständigen Verlangen der Europäer nach mehr Land zu widersetzen, aber die europäischen Einwanderer benutzen die immer wieder auftretenden Krankheiten als Druckmittel, indem sie bei Krankheiten nur zu helfen bereit waren, wenn sie im Gegenzug dafür weitere Ländereien erhielten.


In 1671 nun ging das Gerücht um, dass Philip wütend sei und Ärger machen wolle. Die Autoritäten in Plymouth, unter ihnen auch Josiah Winslow, ordneten deshalb an, dass er nach Plymouth kommen solle, um diesbezüglich Stellung zu beziehen. Josiah Winslow interessierte sich grundsätzlich herzlich wenig für die Indianer, mit denen er gemeinsam aufgewachsen war. Er sah in ihnen nur ein ständig nerviges Hindernis und hielt sie für nicht im mindesten vertrauenswürdig. Deshalb wünschte er sich nichts sehnlicher als irgend eine Provokation, die ihm einen Grund geliefert hätte, einen Krieg gegen die Indianer zu führen, mit dem Ziel, diese komplett auszurotten. Deshalb kam ihm das Gerücht, Philip wolle Ärger machen gerade recht und er forderte diesen auf, alle seine Waffen und selbstverständlich auch die Waffen aller seiner Männer abzugeben, um zu beweisen, dass er keinen Ärger machen wolle. Somit stand Philip vor der Wahl, alle Waffen abzugeben und damit den europäischen Einwanderern hilflos ausgeliefert zu sein, oder die Waffen nicht abzugeben und damit das Gerücht, er wolle Ärger machen, zu bestätigen. Er hatte also eigentlich nur noch die Wahl “zwischen Pest und Cholera“.


Er entschied sich, seine Waffen abzugeben, und musste eine Erklärung unterschreiben, dass er den Engländern gegenüber illoyal gewesen sei und dass er verspreche, alle Waffen der Wamopanoag abzugeben. Für ihn war dies ein wichtiger Wendepunkt in seinem Leben. Von nun an war ihm klar, dass die europäischen Einwanderer nicht mehr damit zufrieden waren, immer mehr Land zu besitzen oder die Indianer wirtschaftlich und spirituell auszubeuten, sie betrachteten die Indianer als ihr Eigentum. Im Gegensatz zu der Zeit als die Pilgerväter in das Land der Wampanoag kamen, wurden die Indianer nun nicht mehr als gleichwertige Partner und Verbündete betrachtet sondern als Bürger zweiter Klasse in doch eigentlich ihrem eigenen Land.


Philip war eigentlich nicht besonders erpicht darauf, gegen die Engländer zu kämpfen, da ein solcher Krieg die Allianzen, die sein Vater geschlossen hatte, zerstört hätten. Außerdem waren gerade mal noch etwa 1000 Wampanoag übrig und etwa die Hälfte davon lebte „konvertiert“ in den Siedlungen der Europäer nach deren Vorgaben. Somit standen Philip nur wenige Krieger zur Verfügung. Trotzdem bereitete er sich auf einen Kampf vor, suchte Verbündete unter den benachbarten Stämmen und besorgte auch wieder neue Waffen.


Aber noch während Philip intensiv überlegte, ob nun Frieden oder doch Krieg der bessere Weg im Umgang mit den Europäern war, ging einer seiner engsten Vertrauten im Januar 1675 nach Plymouth, um Gouverneur Winslow davon in Kenntnis zu setzen, dass Philip sich für den Krieg rüste. Drei Wochen später war dieser Vertraute tot. Die Engländer verhafteten daraufhin drei von Philips Männern, klagten sie wegen Mordes an und exekutierten sie.


Wenn Indianer einen Indianer auf Indianerland töten, so sollte darüber nach Ansicht der Indianer auch von Indianern geurteilt werden. Dass dies nun europäische Einwanderer getan hatten, war ein extremer Angriff auf die Souveränität der Indianer und somit sah sich Philip unfreiwillig unter Druck, nun endlich etwas gegen diese ständigen Unverschämtheiten der europäischen Einwanderer zu unternehmen.


Bis zum nächsten Sommer verdichteten sich die Meldungen, dass bald ein Krieg bevorstünde und der Vizegouverneur von Rhode Island lud Philip ein, um ihm zu raten, die Waffen niederzulegen, da die Engländer zu stark für ihn seien. Aber die meisten der jungen Krieger, die Philip um sich geschart hatte, wollten die Waffen nicht niederlegen und schon kurz nach dem Treffen in Rhode Island schickte Philip eine Nachricht an einen Freund, dass es besser für diesen wäre, die Gegend zu verlassen.


Die Krieger der Wampanoag fingen auch alsbald an zu randalieren und Philip war mitten unter ihnen. Wann immer es ging, versuchte er die umliegenden Stämme - unter anderem auch die eigentlichen Erzfeide der Wampanoag, die Narragansett - zu überreden, ihn im Kampf gegen die Engländer zu unterstützen. Dadurch breitete sich der Kampf im Endeffekt dann über die Gebiete des heutigen Massachusetts, Connecticut, Rhode Island und Teile des heutigen New York State aus und ging später als sogenannter „King Philip War“ in die Geschichte ein.

So war es Ende 1675 für europäische Einwanderer keine besonders gute Idee, sich z.B. im Umland der Stadt Boston aufzuhalten. Die Indianer zerstörten eine Vielzahl an kleineren Siedlungen, töteten die Menschen und vernichteten deren Hab und Gut. Je weiter sich der Krieg ausbreitete und je mehr Stämme sich daran beteiligten, desto mehr englische Siedler flohen aus den kleineren Dörfern in größere Städte. Einige organisierten sich sogar Schiffe und flohen zurück nach England. Man fürchtete, komplett vom Kontinent verdrängt zu werden, da es tatsächlich zeitweise so aussah, als würden die Indianer den Krieg gewinnen.


Dadurch allerdings sahen die Europäer jetzt - ganz im Gegensatz zu den Pilgervätern viele Jahre zuvor - die Indianer als Menschen, denen man nicht im Mindesten vertrauen konnte und die es zu unterwerfen oder besser noch völlig auszurotten galt. Dabei spielte es auch keine Rolle, ob man mal friedlich mit einigen von ihnen zusammen gelebt hatte, einige zum europäisch christlichen Leben konvertiert oder ob es völlige Fremde waren. Indianer war Indianer und musste somit weg. Im Winter 1675/76 verfrachteten man deshalb gleich 300 - 400 der konvertierten Indianer (ungeachtet ob Männer, Frauen oder Kinder) in Kanus und ließ sie mitten im Hafen von Boston hilflos und ohne Decken und Nahrungsmittel auf dem Wasser treiben. Da der Hafen von Bosten aber zu dieser Jahreszeit ein extrem ungemütlicher Platz ist, hat am Ende keiner der Indianer überlebt.

Im Laufe des heftig wütenden Krieges wurden 45 englische Ortschaften zerstört und mehr als 2000 englische Siedler starben. Aber die drohende Gefahr vereinigte auch die einzelnen Siedlungen und sie schlugen gemeinsam zurück. So musste Philip Anfang 1676 erkennen, dass sich das Blatt wendete. Zusätzlich starteten die Mohawks, langjährige Verbündete der Engländer, einen Überraschungsangriff und töteten etwa 500 von Philips Kriegern. Somit wurden im Endeffekt auch eine Vielzahl von indianischen Siedlungen zerstört und etwa 5000 Indianer getötet. Aber auch die Indianer, die trotz allem überlebten, hatten nicht gerade rosige Aussichten. Hunderte Männer, Frauen und Kinder wurden als sogenannte „heidnische Übeltäter“ auf Boote geladen, zu den Westindischen Inseln verschifft und dort in die Sklaverei verkauft.


Im Sommer 1676 sah Philip den Krieg dann als verloren an und zog sich zusammen mit seiner Familie in seine ursprüngliche Heimat in die Nähe des heutigen Mount Hope in Rhode Island zurück. Dort wurde er zusammen mit einigen seiner noch verbliebenen Gefolgsleute am 12.8.1676 von einer englischer Milizeinheit überrascht. Bei dieser Milizeinheit befand sich unter anderem auch einer der konvertierten Indianer namens John Alderman. Und ausgerechnet dieser Indianer war es, der Philip erschoss. Zum Dank erhielt er Philips rechte Hand und den abgetrennten Kopf. Der Rest von Philips Körper wurde in Stücke geteilt und in alle Himmelsrichtungen verstreut, um allen zu zeigen, wie man mit Rebellen und Verrätern, wie Philip es in ihren Augen war, umgehen werde.


Aber auch das war den Europäern nicht genug. „Vorsorglich“ nahmen sie Philips neunjährigen Sohn gefangen und sperrten ihn in das Gefängnis von Plymouth. Tja, und ausgerechnet als man noch beriet, ob man den Jungen nun in die Sklaverei verkaufen oder gleich umbringen sollte, war wieder mal Thanksgiving. Und somit dankten die Europäer nicht nur für die eingebrachte Ernte sondern auch dafür, dass der Krieg gegen die Indianer endlich gewonnen war. John Alderman verkaufte Philips Kopf an Fort Plymouth, wo man ihn auf einen Pfahl steckte und mehr als 25 Jahre lang öffentlich ausstellte, um den Indianern ständig vor Augen zu halten, wer für ihre Misere nach den Ereignissen des „King Philip War“ verantwortlich war, und um den Siedlern zu zeigen, dass Gott auf ihrer Seite war.


Und da wundert es noch, dass für Indianer und allen voran für die Wampanoag Thanksgiving nicht gerade ein fröhlichen Feiertag ist?

Tecumseh und seine Vision einer geeinten Indianernation

Hatte Massasoit, wie oben erwähnt, die spätere Bedeutung der ankommenden europäischen Einwohner für die Zukunft der Indianer anfangs noch unterschätzt, so wurde es im Laufe der Jahre immer deutlicher, dass die Indianer diese immer mehr werdenden europäischen Einwanderer nicht kontrollieren und in Schach halten konnten. Ihnen blieb nur die Wahl, sich entweder an den Lebensstil der Einwanderer anzupassen und friedlich mit ihnen zu leben (was sich aber aufgrund der grundsätzlichen kulturellen Unterschiede leider immer wieder als recht schwierig erwies), oder aber alles menschenmögliche zu unternehmen, um die Eindringlinge aus ihrem Land fernzuhalten bzw. wieder zu vertreiben und dabei am besten gleich zurück über den Ozean in das Land, aus dem sie gekommen waren. Ein starker Verfechter letzterer Lösung war unter anderem ein Mann namens Tecumseh. Geboren 1768 als Sohn des Kriegshäuptlings der Shawnees Pucksinwah und seiner Frau Methotasa war gleich von Anfang an klar, dass dieser (damals noch) kleine Junge etwas ganz besonderes war.


Wie bereits hier erwähnt, war es bei den Shawnees üblich, die ersten 10 Tage nach einer Geburt abzuwarten und erst dann zu entscheiden, welches mehr oder weniger besondere Ereignis innerhalb dieser 10 Tage den Namen des neugeborenen Kindes bestimmen sollte. Gemäß der Überlieferung der Shawnees erblickte Tecumseh aber exakt dann das Licht der Welt, als am 9. März 1768 ein Meteor weithin am Himmel sichtbar war. Ein deutlicheres Zeichen, welches Ereignis wohl für seine Namensgebung bestimmend sein sollte, konnte es ja wohl kaum geben (und hat es innerhalb der folgenden 10 Tage auch nicht gegeben), so dass er den Namen Tecumseh, (etwas frei übersetzt) der Panther, der am Himmel vorüber zieht, erhielt.


Bereits als kleiner Junge wird er immer wieder als äußerst wissbegierig mit einer sehr schnellen Auffassungsgabe und überaus geschickt in allem, was für einen Shawneejungen im Leben wichtig war, beschrieben. So wird z.B. berichtet, dass er bereits mit sechs Jahren deutlich reifer als seine Altersgenossen war und sie an Aufgewecktheit und Moral ebenso übertraf wie an Intelligenz und Führungskompetenz. Selbst ältere Jungen scharten sich um ihn, wo immer er war, und sahen in ihm bei sportlichen Aktivitäten, Spielen und spielerischen Kämpfen eine Art Anführer. Und so war er gerade mal 9 1/2 als er das erste Mal gefragt wurde, ob er einige Krieger auf einen Raubzug begleiten wolle (normalerweise waren Shawnee-Jungen 12 - 13, wenn sie das erste Mal auf einen Beutezug eingeladen wurden) und er war erst 12, als er aufgrund seiner bisherigen Leistungen bereits als vollwertiger Krieger angesehen wurde und somit selbst entscheiden konnte, wann und mit wem er auf Jagd- oder Beutezüge gehen und diese Gruppe anführen wollte (also dann, wann andere gerade zum ersten Mal zu solch einer Tour eingeladen werden!).


Schon als kleiner Junge besaß er einen zwar kleinen aber hochwertigen Bogen, mit dem er schier endlos übte und dadurch selbst in jungen Jahren bereits ungewöhnlich gut umgehen konnte, wodurch sich sein Können schon bald unter den Kispokothas (einer der 5 Clans der Shawnees, genaueres dazu hier) - und dann auch unweigerlich bis weit darüber hinaus - rumsprach. So wird z.B. berichtet, dass er eines Tages - er war gerade 14 Jahre alt - mit zur Büffeljagd ging. Dabei postierte er sich zusammen mit einem Freund an einer alten Eiche während andere Shawnees eine Herde Büffel verfolgten und dabei auf die Eiche zutrieben. Der Freund war mit einem Gewehr bewaffnet, Tecumseh mit Pfeil und Bogen. Um schneller schießen zu können, breitete Tecumseh mehr als 20 Pfeile vor sich aus und während die Herde auf beiden Seiten der Eiche vorbeigallopierten, schoss er einen Pfeil nach dem anderen ab. Als die Herde vorbei war, hatte der Freund einen Schuss abgegeben und damit einen Büffel getötet, Tecumseh hatte 19 Pfeile verschossen und damit 16 Büffel sauber ins Herz getroffen.


Überhaupt zog er so gut wie nie aus in die umliegenden Felder oder Wälder, ohne bei seiner Rückkehr seine Tasche voller erlegter Kleintiere wie Eichhörnchen, Kaninchen oder Truthähne zu haben. Er war extrem gut darin, sich unbemerkt an Beute anzuschleichen und ein ungewöhnlich guter Fährtenleser. (Zu einer anderen Gelegenheit, Tecumseh war damals bereits 27, veranstalteten einige Shawnees eine drei Tage andauernde Jagd. Jeder Jäger sollte, nur mit Pfeil und Bogen bewaffnet, so viel Wild wie möglich erlegen, selbst häuten und später würden die Frauen dann das Fleisch einsammeln und für ein großes Fest zubereiten. Als die Jäger nach drei Tagen wieder ins Lager kamen und anhand der mitgebrachten Felle ihre Jagdkünste unter Beweis stellten, da hatten einige 3 - 4 Felle vorzuweisen, manche 5 - 6. Vielleicht ein Dutzend hatte 10 Felle und es gab drei Jäger, die sogar 12 Felle mitbrachten. Als Tecumseh ins Lager zurückkehrte hatte er einen selbstgebauten Schlitten dabei, auf dem sich 30 Felle befanden!)


Vieles seiner Fähigkeiten hatte Tecumseh sich selbst beigebracht, jedoch hatte er sowohl in seinem Vater und seinen älteren Brüdern als auch in anderen Shawnees offensichtlich gute Lehrmeister, so dass es bald nichts gab, was er nicht konnte. Eines der wohl in Tecumsehs späteren Leben wichtigsten Dinge, die sein Vater - wie gesagt seines Zeichens Kriegshäuptling der Shawnees - ihm beibrachte, war die strategische Kriegsführung. Immer wieder unterstrich Pucksinwah, wie wichtig es war, einem Gegner geistig überlegen zu sein und damit dessen Schritte bereits vorausahnen und entsprechend begegnen zu können, einen solchen Gegner aber auch NIEMALS, unter absolut gar keinen Umständen zu unterschätzen. Und für den Fall, dass er einmal von einem Gegner überrascht werden sollte, lehrte Pucksinwah seinen Sohn schnell, effektiv und möglichst instinktiv genau das zu tun, was der Gegner nicht erwartete, um so den Überraschungseffekt ausnutzen und siegreich aus der Situation hervorgehen zu können.


Eins unterschied ihn allerdings drastisch von den meisten anderen Shawnees: Er empfand allertiefste Abscheu gegen das was diese mit Gefangenen veranstalteten (siehe auch hier). Feinde in ehrlichem Kampf zu töten war auch in seinen Augen völlig in Ordnung, jedoch wehrlosen Gefangenen in irgendeiner Form unnötiges Leid zuzufügen war ihm ein absoluter Graus. So versuchte er immer, sich an den beschriebenen Gassenläufen entweder gar nicht erst zu beteiligen, oder, falls dies nicht möglich war, sich immerhin so weit ans Ende zu stellen, dass der Gefangene es entweder gar nicht erst bis zu ihm schaffte, oder dann eben nur eher zaghaft zuzuschlagen. Und als er selbst bestimmen durfte, wer ihn auf die unterschiedlichsten Touren begleiten durfte, bestand er bereits 14-jährig (und von da an bis zu seinem Tod) darauf, dass diese Begleiter grundsätzlich niemanden töteten oder gar quälten, der ihnen nicht in ehrlichem Kampf gegenüberstand.


Einer seiner Brüder, der drei Jahre jüngere Lowawluwaysica, war irgendwie das genaue Gegenteil von Tecumseh. Lowawluwaysica war als Drilling geboren, was bei den Shawnees eigentlich ein schlechtes Omen bedeutet. Deshalb waren die meisten Shawnees auch der Meinung gewesen, Pucksinwah und Methotasa hätten - zum Schutz aller Shawnees - sich innerhalb der ersten 10 Tage nach der Geburt der Drillinge entledigen sollen. Pucksinwah war jedoch dagegen und so wurden auch diese drei Jungen in den Stamm der Shawnees aufgenommen. Von klein an jedoch entsprach Lowawluwaysica überhaupt nicht dem, was Shawnees normalerweise unter einem "guten Jungen" verstanden. Ständig war er am jammern und am knatschen und auch als er größer wurde, war er ein extrem unleidiger Zeitgenosse. Außerdem neigte er zur Faulheit und ließ so lieber alle anderen die anfallende Arbeiten erledigen anstatt sich selbst zu bemühen. Und abgesehen vom ständigen Nörgeln und Meckern gab es kaum etwas, was er wirklich gut konnte.


Wie alle kleinen Jungen spielte auch er mit Pfeil und Bogen, wird allerdings auch darin als eher ungeschickt beschrieben. Selbst als ein anderer Junge - ausgerechnet sein Drillingsbruder Sauwaseekau - in die Luft schoss, dabei den anvisierten Vogel jedoch nicht traf und so der Pfeil wieder gen Boden kam, drehten sich aufgrund des Warnrufes des Schützen alle anderen Kinder schnell weg, um nicht getroffen zu werden. Einzig Lowawluwaysica guckte dem Pfeil entgegen, der ihn dann auch prompt mitten ins rechte Auge traf, welches somit unwiederbringlich verloren war.


Einzig Tecumseh muss bereits von klein auf etwas besonderes in seinem jüngeren Bruder gesehen haben. Immer wieder versuchte er, ihn in alles miteinzubeziehen und ihm doch auch viele Dinge zu vermitteln, die er aus eigenem Antrieb wohl nie gelernt hätte. Allerdings vermittelte auch Lowawluwaysica seinem größeren Bruder etwas: die Vorliebe für Alkohol. So wird berichtet, dass Tecumseh bei Raubzügen bei der Aufteilung der Beute immer zuerst nach Alkohol Ausschau hielt und diesen dann mit Lowawluwaysica teilte, selbst wenn Lowawluwaysica nicht an dem Raubzug beteiligt gewesen war und somit eigentlich gar kein Anrecht darauf gehabt hätte.


Im Alter von etwa 15 hatte Tecumseh allerdings wohl offensichtlich zu viel getrunken. Während er mit einigen Freunden unterwegs war, hatte er schon den ganzen Vormittag ständig an seiner "Proviant"-Flasche genippt und war schon ziemlich beschwipst, als die Freunde auf eine Büffelherde stießen. Während die anderen ihre Gewehre bereit machten, gab Tecumseh ihnen sowohl sein Gewehr als auch seinen Bogen mitsamt dem Köcher voller Pfeile und ritt ohne weiter darüber nachzudenken nur mit seinem Messer bewaffnet direkt in die Büffelherde hinein. Dort stolperte allerdings sein Pferd, so dass Tecumseh stürzte, von den nachfolgenden Büffeln überrannt wurde und von Glück sagen konnte, dass sich alles nur relativ am Rand der Herde abgespielt hatte, so dass er "nur" mit einer gebrochenen Hüfte davonkam. Allerdings war somit an ein Weiterreiten nicht mehr zu denken und sein älterer Bruder Chiksika musste ihn über Wochen und Monate (ausgerechnet über Winter) gesund pflegen. Von da an hat Tecumseh nie wieder auch nur einen einzigen Tropfen Alkohol angerührt (seinen Bruder Lowawluwaysica hat er allerdings trotzdem durchaus auch weiterhin mit Alkohol versorgt).


Bereits gemeinsam mit seinem älteren Bruder Chiksika, aber später auch durchaus alleine ist Tecumseh oft umhergereist und hat dabei viele Stämme besucht, bei denen er durchweg eigentlich immer einen guten Ruf hatte.

Aufgrund seiner außerordentlichen Fähigkeiten sowohl im tatsächlichen Kampf als auch in der strategischen Kriegsführung war er immer wieder gerne gesehen und viele waren stolz, an Unternehmungen teilnehmen zu dürfen, die Tecumseh an- und dann auch meist zum Sieg führte.


Allerdings hat Tecumseh immer Wert darauf gelegt, dass zum einen seine Befehle grundsätzlich ohne zu fragen auch ausgeführt wurden (selbst wenn sie bei einem Überraschungsangriff zunächst unsinnig erscheinen sollten), zum anderen hat er darauf bestanden, dass diejenigen, die mit ihm unterwegs waren, grundsätzlich keine Gefangenen quälten. Im Kampf selber war Tecumseh immer mitten im Kampfgetümmel und nicht selten war er es, der im Endeffekt die meisten Feinde erschlagen hatte. Aber sobald der eigentliche Kampf vorüber war, sollte eben niemandem mehr ein Haar gekrümmt werden.


Über die Jahre stellte sich immer deutlicher heraus, dass die Briten zwar immer wieder versprachen, die Indianer im Kampf gegen die Amerikaner zu unterstützen, diese Unterstützung aber, wenn sie denn überhaupt existierte, nur sehr halbherzig und ineffektiv war. Ein Beispiel hierfür ist z.B. die sogenannte Schlacht von "Fallen Timber" (August 1794). Auf der einen Seite die Amerikaner angeführt von General Anthony Wayne und unterstützt von einigen Chocktaw und Chickasaw und auf der anderen Seite die Briten von Fort Miami unterstützt von vor allem Shawnees und Delawaren angeführt von Wehyahpihehrsehnwah (Blue Jacket") (siehe dazu auch hier), der sich in der Zwischenzeit nicht nur gut bei den Shawnees eingelebt hatte, sondern sogar - obwohl ursprünglich als Weisser geboren - einer ihrer obersten Häuptlinge geworden war. Die Indianer bezogen Position in der Nähe des Maumee River in einer Gegend, wo im Jahr vorher ein Tornado selbst große Bäume umgeknickt hatte, als wären sie Streichhölzer gewesen, und die nun bekannt war als "Fallen Timber". Die eigentliche Schlacht dauerte nur sehr kurz und die Indianer auf Seiten der Briten sahen sich genötigt, sich zurückzuziehen. Jedoch entgegen ihrer ursprünglichen Versprechungen öffneten die Briten nicht die Tore von Fort Miami, um den unter anderem in Ihrem Namen kämpfenden Indianern Schutz zu gewähren, sondern sie ließen sie vor den Toren stehen mit der Begründung, sie hätten keine Order, mit den Amerikanern in kriegerische Handlungen einzutreten und dürften sich somit nicht einmischen.


Dies ist zwar nur ein Beispiel, für die fehlende Unterstützung durch die Briten, jedoch gab es im Laufe der Jahre immer wieder mehr als genug Gelegenheiten, die Tecumseh zeigten, dass die Indianer sich auf gar keinen Fall auf irgendwelche Versprechen von Einwanderern europäischer Herkunft verlassen konnten. Und so reifte in Tecumseh nicht nur immer mehr die Idee, die Indianer zu vereinen und so selbst bei waffengattungsmäßiger Unterlegenheit trotzdem alle Eindringlinge europäischer Herkunft ein für alle Mal zu vertreiben und am besten gleich über´s Meer zurück in deren "alte Heimat" zurückzuschicken, er schwor sich auch, NIEMALS mit diesen Einwanderern europäischer Herkunft einen Friedensvertrag zu schließen oder ihnen gar Ländereien abzutreten oder zu verkaufen.


Gerade nach dem Vorfall bei "Fallen Timber" jedoch, verlangte General Anthony Wayne die Unterzeichnung eines solchen "Friedensvertrages". Einige Häuptlinge, unter ihnen auch Catahecassa, der oberste Häuptling der Shawnees, waren auch zur Unterzeichnung bereit und so wurde nach ausgiebigen Beratungen die Unterzeichnung beschlossen. Tecumseh war jedoch strikt dagegen und weigerte sich, diesem Beschluss Folge zu leisten. Bei den Shawnees hatte aber der oberste Häuptling durchaus Befehlsgewalt und wer sich solch einem Befehl widersetzte, musste mit dem Ausschluss aus der Stammesgemeinschaft oder der Todesstrafe rechnen und dabei galt die Todesstrafe oftmals noch als die angenehmere Option. Im Normalfall haben Shawnees es deshalb vermieden, sich den Anordnungen ihres Häuptlings zu widersetzen. Tecumseh jedoch konnte diese Entscheidung Catahecassas aber nun absolut gar nicht mit seinem Gewissen vereinbaren und trennte sich somit freiwillig von den Shawnees (gefolgt von seiner Schwester Tecumapese, deren Ehemann Wasegoboah, den Brüdern Kumsksaka und Lowawluwaysica und einigen anderen, die nicht erfreut über Catahecassas Entscheidung waren, aber dafür an Tecumseh glaubten). Dies bedeutete dann zwar, dass sie nicht nur nicht mehr als einfache Krieger waren, sie waren nicht mal mehr Shawnees sondern nur "Abtrünnige", die im Normalfall eigentlich nur verachtet wurden. Aber Tecumseh galt lieber als Abtrünniger, als seine innerste Überzeugung verleugnen zu müssen. Catahecassa war darüber jedoch sehr erbost und sah in dieser Abspaltung nichts weiter als einen Angriff auf seine Autorität und hat Tecumseh dies zeit seines Lebens nie verziehen. (Weshalb er auch später einer derjenigen war, die sich am längsten und am vehementesten geweigert haben, sich Tecumsehs Plänen einer geeintern Indianernation anzuschliessen, zumal dies bedeutet hätte, dass er, der oberste Häuptling der Shawnees, sich hätte einem ABTRÜNNIGEN unterordnen müssen.) - Da Tecumseh aber bereits bei so vielen Nationen einen derart guten Ruf hatte, haben sich ansonsten nicht allzu viele dafür interessiert, dass er seitdem kein wirklicher Shawnee mehr sondern nur ein “Abtrünniger” war. Und so hatte er trotz allem immer wieder die Möglichkeit, zunächst zwar hauptsächlich andere Nationen, später aber auch mehr und mehr die unterschiedlichen Gruppen der Shawnees durch Worte und Taten von sich und seiner Vision der geeinten Indianernation zu überzeugen und sie dazu zu bringen, sich ihm, dem Abtrünnigen, anzuschließen.


Jahrelang muss Tecumseh bereits für sich an dieser Idee der geeinten Indianernation gearbeitet haben, bevor er sie zum ersten Mal (vermutlich etwa im Januar 1801) seinen engsten Vertrauten (Chaubenee und Sauganash von den Potawatomi, Stiatha von den Wyandot, seiner Schwester Tecumapese und deren Ehemann Wasegoboah und den noch überlebenden zweien der ursprünglich Drillingsbrüdern Kumskaka und Lowawluwaysica) vorstellte. Im Gegensatz zu einer Konföderation einiger Stämme, wie sie z.B. Pontiac (ca. 1720 - 1769, Anführer der Ottawa) etabliert hatte, wollte Tecumseh ALLE Indianer vereinen im Kampf gegen die Eindringlinge europäischer Herkunft und diese dann mit einer Truppe von schätzungsweise 50.000 Kriegern nicht nur aus dem Land sondern gleich von dem ganzen Kontinent vertreiben. Dazu war es aber nötig, dass die einzelnen Nationen ihre mehr oder weniger kleinen Animositäten untereinander vergaßen und statt dessen aus tiefster Überzeugung für das Endziel - die Vertreibung der weißen Eindringlinge - hinarbeiteten. Nicht nur, weil ein starker Anführer, wie z.B. Tecumseh, dies für sinnvoll erachtete, sondern weil sie selbst ganz fest an diese Vision glaubten und somit eine solche Vereinigung aller Indianer nicht automatisch wieder auseinander brechen würde, sobald der Anführer z.B. einen Kampf nicht überleben würde. Deshalb wollte er im Laufe der nächsten (voraussichtlich 10 - 12) Jahre zu den unterschiedlichsten Nationen reisen und sie von seiner Idee überzeugen. Beginnen wollte er dabei mit zunächst etwa 50 Stämmen aus seiner mehr oder weniger näheren Umgebung. Dies sollte aber nur der Anfang sein, weil er davon ausging, dass auch entfernter lebende Nationen, wenn sie denn die Kraft und Stärke der bereits vereinten Nationen erkennen würden, sich ohne Zweifel auch früher oder später dieser Vereinigung ALLER Indianer anschließen würden. Außerdem hatte Tecumseh schon seit frühester Kindheit immer wieder Prophezeiungen gemacht, die auch später dann exakt so, wie er es vorausgesagt hatte, eingetroffen waren. Deshalb war er auch nun davon überzeugt, dass er die anderen Nationen nicht nur allein dadurch überzeugen würde, dass seine Idee einfach sinnvoll sei, sondern dass er ihnen Zeichen liefern könne, an die sie glauben konnten, so dass er sie nicht nur an ihrer Ehre und ihrem Stolz packen würde sondern ebenfalls an ihrem Glauben und Aberglauben. Und seine engsten Vertrauten sollten ihm dabei - jeder auf seine ganz persönliche Art und Weise - helfen: Stiahta mit seinem Einfluss und seiner Macht, Chaubenee und Sauganash mit ihrer Leidenschaft, Wasegoboah, Tecumapese und Kumskaka mit ihrer Überzeugungskraft und Lowawluwaysica ... nun, er sollte sein wohl größtes Talent, nämlich die Gabe ständig Unruhe zu stiften, endlich mal zu etwas Positivem nutzen und Unfrieden zwischen Indianern und Einwanderern europäischer Herkunft säen.


Allerdings war es Tecumseh auch bewusst, wie eminent wichtig es war, dass von diesen Plänen nichts nach außen dringen durfte. So sollten zwar seine Vertrauten genauso wie er selber viel umherreisen und die unterschiedlichen Nationen über Tecumsehs Pläne aufklären und zu Verbündeten machen, aber kein Außenstehender oder gar einer der Einwanderer europäischer Herkunft durfte etwas von diesen Plänen erfahren, bevor nicht Tecumseh selbst das Zeichen geben würde, dass alles vorbereitet sei und nun alle gemeinsam und alle gleichzeitig gegen die Eindringlinge vorgehen sollten. Bis dahin jedoch sollten alle unter allen Umständen versuchen, den Frieden zu bewahren und die Einwanderer in Sicherheit wiegen.


Das erste halbe Jahr verging und Tecumseh und seine engsten Vertrauten versuchten möglichst viele von Tecumsehs Vision zu überzeugen. Sie waren dabei auch durchaus erfolgreich. Einzig Lowawluwaysica konnte mal wieder keinen Erfolg vermelden. Allerdings hatte er gesehen, wie ein eigentlich durchaus angesehener Anführer der Delawaren zum Tode verurteilt worden war, nur weil ein Medizinmann/Prophet der Delawaren ihn der Hexerei beschuldigt und offensichtlich die richtige Machtposition hatte, dann ein solches Todesurteil auch vollstrecken zu lassen.


Bei den Shawnees gab es auch immer eine Art obersten Medizinmann. Wenn dieser starb oder aus anderen Gründen seine Aufgabe nicht mehr erledigen konnte, so wurde aus den hierarchisch nachfolgenden Männern, die ebenfalls in diesen spirituellen Dingen unterwiesen worden waren, jemand bestimmt, der seine Nachfolge antreten solle. Ausgerechnet zu dieser Zeit nun war ein Mann namens Penegashega oberster Medizinmann der Shawnees. Er war schon weit über 90 Jahre alt und es war abzusehen, dass er wohl nicht mehr allzu viele Jahre noch vor sich hatte. Und einer seiner möglichen Nachfolger war ausgerechnet Lowawluwaysica. Deshalb sah Lowawluwaysica dann auch prompt genau hier seine Bestimmung und schlug seinem Bruder Tecumseh vor, genau diese Position des Medizinmannes/Propheten anzustreben, damit er Tecumsehs Plänen nur noch effektiver dienen könne. (Ob er ihm auch damals schon mitteilte, dass er dann ja Leute, die Tecumsehs Plänen im Weg standen, ebenfalls der Hexerei beschuldigen und damit zum Tode verurteilen könne, möchte ich mal bezweifeln. Fakt ist allerdings, dass Lowawluwaysica exakt dies später getan hat. ... Aber dazu später.)


Über die Tatsache, wer nun wirklich Vorahnungen gehabt hat, gibt es ebenfalls unterschiedliche Meinungen. Die einen sagen, Lowawluwaysica hätte durchaus selbst eigene Visionen gehabt und damit seine Anhänger überzeugt. In meinen Augen jedoch wahrscheinlicher ist, dass es eigentlich Tecumsehs Vorahnungen waren, die Lowawluwaysica nur als seine eigenen ausgegeben hat. Von Tecumseh hatte man schon sein ganzes Leben lang gehört, dass er Vorahnungen hatte, welche dann auch exakt so eintrafen, Von Lowawluwaysica ist dies nicht bekannt. Und da Tecumseh eigentlich nie der Typ war, der sich extra in den Vordergrund spielte, würde es mich nicht wundern, wenn er sich auch diesbezüglich einfach lieber im Hintergrund hielt und Lowawluwaysica mehr als Sprachrohr benutzt hat und eigentlich so ziemlich alles, was dieser von nun an von sich gab, mehr oder weniger nicht seinem eigenen sondern einzig Tekumsehs Hirn entsprungen ist. Dadurch hätte Tecumseh dann nämlich auch noch den Vorteil ausnutzen können, dass nicht er selbst so viel Aufmerksamkeit erregte sondern nur sein Bruder und somit Tecumsehs Pläne deutlich länger im Verborgenen reifen konnten, als wenn er selbst als "Prophet" in Erscheinung getreten wäre.


Wie auch immer, Fakt ist, dass es Lowawluwaysica war, der immer wieder mit der Verkündung von Vorahnungen in Erscheinung trat und somit auch als Seher mehr und mehr Anerkennung fand. Dass er trotzdem immer noch nicht allzu viel Erfolg dabei hatte, Anhänger für Tecumsehs Pläne zu rekrutieren, lag aber unter anderem daran, dass in dem Gebiet, welches Lowawluwaysica bereisen sollte, vor allem Shawnees lebten und deren oberster Häuptling Catahecassa, wie bereits erwähnt, nicht besonders gut auf Tecumseh zu sprechen war und die Shawnees somit vor der durchaus existenziellen Frage standen, sich entweder Catahecassas Anordnungen zu beugen oder ebenso wie Tecumseh für immer aus dem Stamm ausgeschlossen zu werden.


Als aber 1805 Penegashega, der alte oberste Medizinmann der Shawnees, ebenso wie einige andere Shawnees an einer Art Magen-Darm-Virus tatsächlich verstarb, war endlich Lowawluwaysicas Stunde gekommen. Er verkündete, dass er eine Vision gehabt hätte, und dass zwar noch drei weitere Shawnees an dieser Krankheit sterben würden, dass es dann aber den bereits erkrankten nach Ablauf von fünf Tagen wieder besser gehen würde, weil er, Lowawluwaysica, die Krankheit vertreiben würde. Die noch sterbenden drei Shawnees könne er leider nicht retten, da diese böse und Anhänger der Hexerei seien. Und wenn dies so geschehen sei, dann hätte er, Lowawluwaysica, noch eine weitere wichtige Botschaft für die Shawnees.


Man sagt, dass es exakt so geschehen ist, wie Lowawluwaysica es angekündigt hatte und so waren durchaus viele Shawnees aber auch Indianer anderer Nationen begierig zu hören, was Lowawluwaysica ihnen in der von Tecumseh neu errichteten Stadt ziemlich genau dort, wo ehemals General Anthony Wayne mit Fort Greenville sein westliches Hauptquartier gehabt hatte, noch mitzuteilen hatte. (Tecumseh hatte diesen Standort ganz bewusst gewählt. Zum einen hatte es für die Indianer symbolischen Charakter nun exakt dort zu siedeln, wo einer ihrer größten Widersacher mal sein Hauptquartier gehabt hatte - selbst wenn dieses bereits vor geraumer Zeit verlassen wurde -, zum anderen wollte Tecumseh aber mit dieser Standortwahl auch die Weißen in Sicherheit wiegen. Denn wie sollten Indianer sooooo dicht unter den Augen der Weißen unbemerkt etwas Böses im Schilde führen? Und schließlich war es General Wayne selbst gewesen, der den Indianern gestattet hatte, sich genau dort anzusiedeln, wo auch vorher mal indianische Siedlungen bestanden hatten und dies war eben dort bei dem ehemaligen Fort Greenville ebenfalls der Fall. Somit fanden zwar die Einwohner der in der Nähe gelegenen Stadt Greenville die Anwesenheit der Indianer nicht besonders erfreulich, konnten aber nichts dagegen unternehmen.)


Und Lowawluwaysica teilte seinen Zuhörern nun mit, dass aufgrund seiner Prophezeiungen, die ja nun unstreitig eingetreten waren, er - obwohl aufgrund der Befehlsverweigerung gegenüber Catahecasse ebenfalls ein Abtrünniger - der einzig rechtmäßige Nachfolger Penegashegas als Prophet der Shawnees sei und dass er von nun an nicht mehr Lowawluwaysica genannt werden wolle sondern Tenskwatwa, Der-mit-offenem-Mund, da er von nun an immer wieder zu ihnen sprechen wolle, um die Indianer in ein besseres Leben und eine bessere Zukunft zu führen.


Ein solches Amt musste zwar zunächst noch von einigen Shawnee-Anführern bestätigt werden, da diese aber "rein zufällig" (wahrscheinlich exakt so von Tecumseh kalkuliert) anwesend waren, bestand kein Grund, eine solche Entscheidung nicht sofort zu treffen (und damit eventuell Zeit zur Besinnung und Ablehnung zu haben). Und so wurde Lowawluwaysica, der eigentlich nie sonderlich positiv in Erscheinung getreten war, als Tenskwatawa tatsächlich zum obersten Propheten der Shawnees ernannt (und hatte somit nun endlich auch die gesellschaftliche Stellung, die er für sich immer erträumt hatte).


Tenskwatawa beschwor nun alle Anwesenden nicht nur, von jeglichem Aberglauben abzulassen und einzig und allein seinen Visionen, die er nicht aus irgendwelchen Knochenstückchen oder kleinen Steinchen gelesen hätte, sondern die wahrhaftige Visionen wären, zu vertrauen, sondern sie sollten auch komplett dem Alkohol entsagen (Eine Forderung, die aus dem Mund eines bis dahin allgemein bekannten starken Trinkers durchaus befremdlich klang, aber auch Tenskwatawa hat sich seit diesem Tag tatsächlich vom Alkohol ferngehalten.). Und sie sollten niemals vergessen, dass sie Indianer wären und bleiben sollten und somit Mischehen zwischen Indianern und Einwanderern europäischer Herkunft unterbunden werden sollten. Überhaupt solle man sich wieder auf die alten Werte, wie sie seit Generationen unter den Indianern überliefert worden waren, besinnen und eben zu dem Leben zurückkehren, was sie führten, als die Welt für die Indianer noch in Ordnung war, sprich vor jeglichem Kontakt mit den weißen Eindringlingen.


Und weil Tenskwatawa mit solcher Inbrunst und so viel Selbstbewusstsein sprach, überzeugte er tatsächlich sogar noch weit mehr der Anwesenden, sich Tecumsehs Plänen anzuschließen, als dieser sich hatte erträumen lassen. Und somit waren die beiden von nun an tatsächlich ein Team, bei dem BEIDE zum Gelingen des gemeinsamen Projektes beitrugen.

Die Kunde von Tenskwatawas eindrucksvoller Rede machte unter den Indianern recht schnell die Runde und so war in Tecumsehs Siedlung bei Greenville ein ständiges Kommen und Gehen, da immer wieder neue Indianer kamen, um ebenfalls Tenskwatawa sprechen zu hören. Somit wurde die Geheimhaltung von Tecumsehs Plänen immer schwieriger, so dass Tecumseh es vorzog, eine neue, für Indianer gut zugängliche, für Weisse jedoch eher abgelegene Siedlung an Stony Creek zu errichten, wo die Indianer dann von Weißen möglichst unbemerkt Beratungen abhalten konnten.


Während Tenskwatawa in der Siedlung bei Greenville weiter unermüdlich predigte, versuchte Tecumseh möglichst viele Nationen von seinen Plänen zu begeistern und unternahm deshalb ausgiebige Reisen. In Tecumsehs Abwesenheit jedoch hat Tenskwatawa seine Machtposition wohl etwas mehr ausgenutzt, als Tecumseh lieb gewesen sein dürfte. Angefangen mit einer kinderlosen Witwe eines Unterhäuptlings der Delawaren beschuldigte er immer wieder - teilweise auch sehr angesehene - Leute der Hexerei und ließ sie zum Tode verurteilen (und das Urteil selbstverständlich auch vollstrecken). Da er immer wieder predigte, dass er solche Exekutionen ja nur durchführen ließe, um die anderen Indianer vor Bösem zu bewahren (und die Zuhörer dies offensichtlich auch glaubten), wurde er sogar manchmal eingeladen, Indianersiedlungen zu "reinigen". Als Tecumseh jedoch von diesen Aktionen seines Bruders erfuhr, eilte er zu ihm, um diesem Treiben Einhalt zu gebieten. Schließlich waren nicht alle Indianer begeistert von Tenskwatawas "Reinigungsaktionen" und somit stand nicht nur zu befürchten, dass diese Indianer sich weigern würden, sich einer geeinten Indianernation anzuschließen, die durch Tenskwatawas Aktionen hervorgerufenen Zwistigkeiten zwischen den Indianern hätten auch Tecumsehs eigentlichen Plan vorzeitig verraten und somit völlig zunichte machen können.


Allerdings hatte auch William Henry Harrison, damaliger Gouverneur des Indiana-Territoriums und späterer Präsident der Vereinigten Staaten, von Tenskwatawas Hexenjagd gehört und versuchte dessen Autorität zu untergraben, indem er ihn herausforderte, seine prophetischen Fähigkeiten und seine Zauberkraft unter Beweis zu stellen indem er z.B. den Lauf der Sonne anhalten möge. Und so sah Tecumseh sich wohl genötigt, Tenskwatawa nicht nur IRGENDeine Prophezeihung verkünden zu lassen, sondern eine Prophezeihung, die Tenskwatawas Ansehen als Prophet ins nahezu Unermessliche steigern würde. Tja, und so hat dann angeblich Tenskwatawa tatsächlich die Sonnenfinsternis vom 17.6.1806 exakt vorausgesagt.


Ob es nun Tenskwatawa war oder Tecumseh, der diese Vorahnung wirklich hatte, sei mal ebenso dahingestellt wie die Frage, ob die Angaben bezüglich der kommenden Sonnenfinsternis wirklich so exakt gewesen sind. Fakt ist aber, dass die Indianer auf ein solches Zeichen warteten und dann, nachdem die Sonnenfinsternis auch wirklich eintrat, unumstößlich an die prophetischen und magischen Kräfte Tenskwatawas, der ja offensichtlich sogar der Sonne Befehle geben konnte, glaubten. Und dieser feste Glaube an Tenskwatawas übersinnliche Kräfte hielt sich jahrelang (bei manchen vielleicht auch nur die Angst, dass er wieder, wie ober erwähnt, eine Hexenjagd anzetteln würde, wenn sie nicht seinen Vorgaben folgten, aber Tenskwatawa hat seit dem Einschreiten Tecumsehs im Jahre 1806 niemanden mehr der Hexerei beschuldigt.)


Auch in den Folgejahren reiste Tecumseh unermüdlich umher, um so viele Anhänger für seine Sache wie möglich zu rekrutieren. Nicht alle folgten ihm so bereitwillig, wie er sich das gewünscht hätte. So gab es einige, die ja gerne bei seinem Kampf gegen die weißen Eindringlinge an Tecumsehs Seite stehen wollten, die aber ein Problem damit hatten, gleichzeitig auch friedlich mit ihren indianischen Nachbarn umgehen zu sollen. Oder einige Anführer befürchteten den Verlust der eigenen Autorität, wenn sie sich Tecumseh, einem im Endeffekt ja immer noch Abtrünnigen unterordneten. Und wieder andere hatten einfach ihre Probleme mit Tenskwatawas Vorschriftenen, wie z.B. der Abstinenz von Alkohol oder der Ablehnung irgendwelcher glück- oder kraftspendenden Amulette, "Medizinbeutel" oder ähnlichem.


Über die Jahre hinweg wurde aber auch Tenskwatawa immer selbstbewusster ... und unberechenbarer. So fing er auf einmal an, sich prunkvoll zu kleiden, um sich von den ihn umgebenden "einfachen" Leuten auch optisch abzusetzen. Außerdem stachelte er - ganz im Gegensatz zu Tecumsehs Anordnung, sich auf jeden Fall friedlich zu verhalten, bis dass er persönlich das Zeichen zum gemeinsamen, allumfassenden und somit endgültigen Schlag gegen die weißen Eindringlinge gab - Indianer auf, die Garnison von William Henry Harrison in Vincennes anzugreifen. Tecumseh konnte diesen Angriff zwar noch verhindern und die bereits alarmierten Weißen wieder beruhigen, allerdings hatten sich im Zuge dieser Bestrebungen von Tenskwatawa auch wieder einige Stämme, die bereits fast zugestimmt hatten, Tecumsehs Pläne zu unterstützen, von diesen Plänen Abstand genommen und so musste nun wieder Tecumsehs weitere Reisen unternehmen, um diese wieder abgesprungenen Stämme zurück ins Boot zu holen. (Und als Tecumsehs Siedlung bei Greenville langsam zu klein für all die anströmenden Indianer wurde, zog man um und baute 1808 eine neue Siedlung am Tippecanoe.)


Wie aber wollte Tecumseh ein Zeichen geben, was alle Indianer, egal, wo sie sich gerade aufhielten, gleichzeitig erreichte und was so deutlich war, dass sie auch alle wussten, dass dieses Zeichen nun wirklich von Tecumseh kam und er sie rief, um sich nun endlich gemeinsam gegen die Eindringlinge europäischer Herkunft zu wenden und diese endgültig zurück ins Meer und dahin, woher sie gekommen waren, zu vertreiben? Er ließ 50 kleine Leisten aus rotem Zedernholz anfertigen, von denen jede Leiste etwa 30 cm lang, 1 cm dick und am unteren Ende 2,5 cm breit war, was sich nach oben auf knapp 1,5 cm verjüngte und eine abgerundete Spitze hatte. Dann sollten diese Leisten auf jeweils einer Seite alle mit exakt den gleichen geschnitzten Symbolen versehen werden (siehe Zeichnung). Für neugierige Weisse sollten diese Symbole angeblich nur dazu dienen, die Indianer zu einem glücklichen Leben im Jenseits zu führen. Die eigentliche Bedeutung war jedoch eine andere. Wenn man die Symbole von unten nach oben las, erhielt man: An alle Indianer zu beiden Seiten des Mississippi: Kommt auf dem kürzesten Weg so schnell wie der Blitz mitsamt euren Waffen zum vereinbarten Treffpunkt; kommt aus allen Himmelsrichtungen, ungeachtet des Maisanbaus, der Jagd oder der Lagerung des Getreides, um euch alle zu vereinigen, wenn das große Zeichen des Erdbebens gegeben wurde, so dass alle Stämme in einer gleichzeitigen Aktion wenn möglich friedlich, ansonsten auch im Kampf den Platz des Weißen Mannes einnehmen können, den dieser sich widerrechtlich angeeignet hat.

Diese geschnitzten Leisten sollten dann bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zusammen mit jeweils 21 mit Hilfe von Zinnober rot gefärbten Stöcken mit einer Länge von etwas mehr als 35 cm und einem Durchmesser von knapp 1 cm an die obersten Anführer der größten Stämme verteilt werden. Jeder der roten Stöcke stellte einen Monat dar und beginnend mit einem bestimmten Monat sollte jeder dieser Anführer jeden Monat einen dieser Stöcke wegwerfen, bis dass nur noch ein einziger Stock übrig blieb. Von da an sollten sie jede Nacht aufmerksam den Himmel beobachten und auf ein Zeichen von Tecumseh, dem Panther, der am Himmel vorüber zieht, warten. Wenn sie dieses Zeichen sehen würden, sollten sie den letzten verbliebenen Stock in 30 Teile brechen und von nun an jede Nacht eines dieser Teile verbrennen. Und wenn kein einziges Teil mehr übrig sei, dann würden alle zu gleicher Zeit das Zeichen sehen, was Tecumseh ihnen versprochen hatte, und welches bestimmt jeder erkennen würde - ein großes und starkes Erdbeben. (Ob Tecumseh wirklich so genau das Erscheinen des Kometen und/oder das Erdbeben voraussagen konnte, ist fraglich. Auch die geheime Bedeutung der Zeichen ist erst NACH Auftreten des Erdbebens tatsächlich in Quellen zu finden. Allerdings ist es ebenso fraglich, ob so viele Indianer seinen Anweisungen Folge geleistet hätten, wenn er ihnen nicht schon vorher zumindest starke Andeutungen gemacht hätte, in welcher Form und wann solche Zeichen zu erwarten seien. Und Befragungen von sowohl Indianern als auch Händlern haben ergeben, dass Tecumseh bei mehreren Gelegenheiten klar und deutlich gesagt haben soll, er würde mit dem Fuss aufstampfen und dadurch die Erde so stark erbeben lassen, dass Wasserkrüge zerbrechen, Gebäude und Bäume umfallen, Menschen und Tiere sich nicht mehr auf den Beinen halten können, Flüsse rückwärts fließen und Seen anschwellen bzw. dort entstehen, wo es vorher gar keinen See gegeben hat. Allerdings sind auch diese Aussagen erst NACH dem tatsächlichen Erdbeben gemacht worden. Wieviel davon also wirklich wahr und wieviel nur ein Teil der großen Legende und des Mythos um Tecumseh entsprungen ist, wird wohl auch zukünftig ungeklärt bleiben. Wenn man allerdings bedenkt, dass sowohl Tecumseh selber als auch sein Bruder Chiksika und sein Vater Pucksinwah nachweislich tatsächlich Vorhersagen gemacht haben, die dann später auch genau so eingetreten sind, und dass so viele verschiedene Quellen unabhängig voneinander über diese Begebenheiten in sich so stark ähnelnder Weise berichten, und dass zusätzlich Tecumseh sich nachweislich ziemlich genau im Epizentrum des Bebens aufhielt, so kann auch nicht komplett ausgeschlossen werden, dass Tecumseh tatsächlich dieses Erdbeben genau so vorhergesehen hat.)


1811 wurde Tenskwatawa langsam ungeduldig, wann Tecumseh endlich das Zeichen geben würde, und Tecumseh dürfte sich ernsthaft überlegt haben, Tenskwatawa seiner Aufgaben zu entbinden und jemand anderen damit zu betrauen. Es gab so gut wie niemanden, der Tenskwatawa mochte. Man fürchtete ihn vielmehr. Manche respektierten ihn vielleicht sogar (zumindest respektierten sie die Macht, die er in seiner Position als Prophet der Shawnees hatte), jedoch wirklich gemocht dürften ihn nicht allzu viele haben. Allerdings dürfte Tecumseh auch klar gewesen sein, dass, wenn er Tenskwatawa seines Amtes enthob, dies nicht nur seine Pläne um Jahre zurückgeworfen hätte, Tenskwatawa hätte eine solche Amtsenthebung wohl niemals akzeptiert und von da höchstwahrscheinlich mit allen Kräften versucht, Tecumsehs Pläne zunichte zu machen. Und so beließ er alles, wie es war.


Als er sich wieder mal aufmachte, einige Nationen zu besuchen und für seine Pläne zu begeistern, schärfte er seinem Bruder noch ein, unter gar keinen Umständen den derzeitigen Frieden zu stören, da es nicht mehr lange sei, bis er das so sehnlichst erwartete Zeichen geben würde, Tenskwatawa hat dies jedoch leider recht wenig interessiert. Langsam überheblich - um nicht zu sagen größenwahnsinnig - geworden, gestattete Tenskwatawa 7 jungen Kriegern verschiedener Stämme, eine Ansiedlung weißer Einwanderer etwas flussabwärts des Wabash zu überfallen und dabei für jeden der 7 Krieger ein Pferd zu stehlen. Für ihn war es eine gute Gelegenheit zu zeigen, wie erfolgreich Angehörige unterschiedlicher Nationen zusammenarbeiten könnten, und versprach ihnen einen absolut erfolgreichen Ausgang dieser Unternehmung. Damit hatte er zwar recht und die 7 Krieger kamen jubelnd ins Lager zurück, jedoch dauerte es nicht allzu lange, bis auch 15 bewaffnete Weiße ins Lager kamen und die Pferde zurückforderten. Tenskwatawa ließ sie ihnen zwar zunächst geben, aber als die Weißen wieder auf dem Heimweg waren, überlegte es sich Tenskwatawa doch noch anders und meinte, wenn nun eine noch größere Gruppe Indianer die Pferde wieder zurückholen würde, würde auch ihnen kein Haar gekrümmt. Und so machten sich tatsächlich etwa 50 Mann auf, um die Pferde abermals zu holen, und genau wie Tenskwatawa gesagt hatte, verlief alles reibungslos. Tenskwatawa muss von da an tatsächlich geglaubt haben, er und die ihm folgenden Indianer wären unbesiegbar. Wie sonst läßt es sich erklären, dass er, als wenige Wochen später William Henry Harrison mit einer Armee von etwa 1000 Mann in Richtung Tippecanoe marschierte, obwohl die meisten der normalerweise etwa 2500 Bewohner von Tippecanoe während Tecumsehs Abwesenheit wieder in ihre Heimatdörfer zurückgekehrt waren und somit gerade mal 350 Krieger noch zur Verfügung standen, zum Angriff gegen die anrückenden Weißen aufrief und sogar behauptete, die Kugeln der Weißen könnten den Indianern nichts anhaben sondern würden nur einfach durch sie hindurchgehen? War zwar eigentlich vereinbart worden, dass erst Gespräche geführt werden sollten zwischen Tenskwatawa und William Henry Harrison, wollte Tenskwatawa in der Nacht zum 7.11.1811 nicht mehr länger warten und befahl noch in der Dunkelheit den Angriff.


Wie nicht anders zu erwarten, starben natürlich trotzdem einige Indianer unter den Kugeln der Weißen und so zogen sich die Indianer bei Anbruch des Tages nicht nur vom Schlachtfeld sondern auch komplett von Tippecanoe ... und vor allem von Tenskwatawa zurück. Sie hatten das Vertrauen in seine "übernatürlichen Kräfte" verloren und zweifelten nun auch das ganze Projekt der geeinten Indianernation an.


Als Tecumseh davon erfuhr, wollte er zwar so schnell es ging zurück nach Tippecanoe eilen, aber im Grunde genommen nur, um dort die Scherben dessen aufzusammeln, was er über all die Jahre versucht hatte aufzubauen und was sein Bruder nun aus lauter Eitelkeit in einem unbedachten Moment ruiniert hatte. Und so befand er sich gerade in der Nähe von New Madrid, als nicht nur genau das letzte Stückchen des oben erwähnten letzten roten Stabes von den Häuptlingen verbrannt worden war und somit alle begierig auf Tecumsehs Zeichen endlich gegen die Eindringlinge europäischer Herkunft vorzugehen warteten, diese Gegend um New Madrid war auch genau das Epizentrum als am 16.12.1811 das wohl größte Erdbeben amerikanischer Geschichte mit einer Stärke von 8,1 auf der Richter-Skala ausbrach.


Egal, ob man nun an die Fähigkeit Tecumsehs, dieses Erdbeben vorauszusehen glauben mag oder nicht, Fakt ist, dass die Indianer daran glaubten und so tatsächlich so schnell sie konnten aus allen Richtungen sich auf den Weg machten, um als geeinte Indianernation die weißen Eindringlinge zurückzudrängen und am besten gleich zurück in deren alte Heimat jenseits des Meeres zu schicken. Tecumseh hatte, genau, wie er es prophezeit hatte, mit dem Fuß auf den Boden gestampft und die Erde hatte gebebt, dass Wasserkrüge zerbrachen, Gebäude und Bäume umfielen, Menschen und Tiere sich nicht mehr auf den Beinen halten konnten, Flüsse rückwärts flossen und Seen anschwollen bzw. dort entstanden, wo es vorher gar keinen See gegeben hatte. Und alle Indianer im Umkreis von 1500 km konnten gar nicht anders, als gleichzeitig erkennen, dass dies genau das Zeichen war, welches Tecumseh ihnen versprochen hatte.


William Henry Harrison hatte nach seinem Sieg die Siedlung am Tippecanoe komplett niedergebrannt und so traf Tecumseh die noch verbliebenen Indianer dort an, wo sie sich nach dem verlorenen Kampf hin zurückgezogen hatten. Tenskwatawa hatte man gefesselt und Tecumseh war derart wütend auf seinen jüngeren Bruder, dass er ihm einen schnellen Tod nicht gönnte, sondern ihn (zunächst) auf ewig verbannt hat (da dies, wie bereits erwähnt, in den Augen der Shawnees die deutlich härtere Strafe war als der tatsächliche Tod, denn von da an würde es auch niemanden mehr geben, der sich um den Ausgestoßenen sorgen oder nach seinem Tod um ihn trauern würde.) Einige Wochen später jedoch, als sie das zerstörte Tippecanoe wieder aufbauten, erlaubte er Tenskwatawa doch wieder, sich ihnen anzuschließen, diesmal jedoch nicht als Autoritätsperson sondern als jemand, der vielleicht - unter sehr starker Kontrolle - dem Projekt der geeinten Indianernation doch noch nützlich sein konnte, zumindest konnte er so nicht unbeobachtet noch größeren Schaden anrichten - und Tenskwatawa hat auch alles mögliche gemacht, um Tecumseh nicht wieder zu verärgern.


Da durch Tenskwatawas unbedachte und verfrühte Aktion aber nun die Dinge leider noch nicht so weit vorbereitet waren, wie Tecumseh es gerne gehabt hätte, bzw. deutlich zu viele ihr Vertrauen in die Sache verloren und sich somit wieder in ihre Heimat zurückgezogen oder manche sogar Friedensverhandlungen mit den Amerikanern begonnen hatten, blieb Tecumseh nichts anderes übrig, als - anstatt ALLE Weißen aus dem Land der Indianer zu vertreiben - sich nun doch zusammen mit den aufgrund des Erdbebens eintreffenden Indianern mit den Briten zusammenzutun, um wenigstens gegen die Amerikaner wirkungsvoll vorgehen zu können. Das war zwar bei weitem nicht das, was er jahrelang erträumt und wofür er so hart gearbeitet hatte, aber es hätte ja zumindest ein Teilerfolg werden können ... und vielleicht hätte er ja nach einiger Zeit auch wieder das Vertrauen aller Indianer, die ihn nun verlassen hatten, auch wieder zurückgewinnen können.


Allerdings waren die Briten mal wieder nicht die Unterstützung, die Tecumseh sich erhofft hatte. Die Amerikaner hatten zwar den Briten den Krieg erklärt und so folgten auch einige Kämpfe und Schlachten im Zuge des Britisch-Amerikanischen-Krieges von 1812, jedoch nichts, was die Amerikaner wirklich wirkungsvoll vertrieben hätte. Und so zerfiel auch die sowieso schon stark dezimierte Streitmacht Tecumsehs immer mehr, bis sich nach seinem Tod am 5.10.1813 in der Schlacht am Thames River auch die letzten Reste der einstmals geeinten Indianernation auflösten.

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