Irokesen

Irokesen


Der deutsche Ausdruck „Irokesen“ bezeichnet eigentlich nicht einen bestimmten Indianerstamm sondern den Zusammenschluss der in sich eigenständigen Stämme der Oneida, Onondonga, Mohawk, Seneca und Cayuga. Diese hatten sich zusammengeschlossen, da sie, wie bereits im Abschnitt über die Shawnees erwähnt, keine besonders guten Beziehungen zu den Shawnees hatten und von diesen immer wieder auf das heftigste attackiert wurden. Wurden sie zunächst von einigen als „Akonoshioni“ (Vereinigte Völker) oder „Haudenosaunee“ (Menschen aus den Langhäusern) bezeichnet, setzten sich schon bald die Bezeichnungen „Iroquois League“ (Giftige Schlangen), aus der sich dann das deutsche „Irokesen“ ableitete, bzw. „Five Nations“ durch.



Der ursprüngliche Lebensraum der Irokesen war größtenteils das Gebiet des heutigen New York State.

(1772 wurde dann aus den „Five Nations“ sogar ein „Six Nations“, da sich ihnen auch die Tuscarora anschlossen, diese hatten jedoch kein Mitbestimmungsrecht.)


Wie die Bezeichnung “Haudenosaunee” (Menschen aus den Langhäusern) bereits andeutet, lebten die Irokesen in üblicherweise großen befestigten Dörfern aus Langhäusern. Jeder einzelne Stamm der Irokesen unterteilte sich in meistens drei Clans, den Schildkrötenclan, den Bärclan und den Wolfclan (Die Seneca hatten sogar, ähnlich wie ihre Nachbarn, die Huronen, achts Clans.). Die Zugehörigkeit zu einem dieser Clans richtete sich nach der Zugehörigkeit der Mutter und blieb ein Leben lang. Auch durch Heirat konnte eine Clanzugehörigkeit weder erworben noch gewechselt werden. Überhaupt orientierte sich im alltäglichen Leben der Irokesen vieles an der Frau. So zog nach einer Heirat auch grundsätzlich der Mann in das Langhaus der Frau und nicht umgekehrt.


Zusätzlich zu den Langhäusern für die Familien, gab es in jedem Dorf auch noch jeweils ein großes Langhaus für jeden Clan, welches dann oftmals bis zu 60 Meter lang sein konnte. Ebenso wie die Familienlanghäuser bestand auch das Clanhaus aus einer Rahmenkonstruktion aus dicken Ästen, die dann mit Ulmenrinde abgedeckt wurde. 

Irokesen waren grundsätzlich sesshaft. Sie zogen mit ihren Dörfern nur um, wenn sie das alte Dorf nicht mehr gegen Feinde verteidigen konnten oder wenn der Boden langsam ausgelaugt war (so etwa alle 20 Jahre), da auch die Irokesen Ackerbau betrieben und somit von der Bodenqualität abhängig waren.


Hauptsächlich bauten sie Mais, Bohnen und Kürbis an und auch hier zeigt sich wieder, die wichtige Stellung der Frau bei den Irokesen. Ihr gehörte nicht nur das Familienlanghaus, ihr gehörten auch die Äcker, die sie unter Aufsicht der Clanmutter dann auch selbstständig bewirtschaftete. Die Männer verließen im Normalfall im Herbst das Dorf zur jährlichen Jagdsaison und kehrten meist erst Mitte des Winters zurück. Im Frühling war dann Angelsaison. Abgesehen von der Rodung möglicher Ackerbaufelder und der Errichtung der Langhäuser war die Hauptaufgabe der Männer die Kriegsführung. (Das erklärt natürlich auch die wichtige Stellung der Frau im Dorfleben. Schließlich waren die Männer größtenteils unterwegs und die Frauen mussten alles selber regeln.)


Die Männer, vor allem bei den Mohawk, trugen meist die als Irokesenschnitt berühmt gewordene Haartracht und achteten sorgfältig darauf, sonstige Körperbehaarung zu entfernen. Die Frauen dagegen trugen ihre Haare meistens lang. Auch Tätowierungen gab es häufig und das sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen.


Für politische Belange in Friedenszeiten gab es eine Ratsversammlung, bei der insgesamt 50 Abgeordnete der einzelnen Stämme (14 Onondongas, 10 Cayugas, 9 Oneida, 9 Mohawk und 8 Seneca) vertreten waren. Wer diese Abgeordneten waren, bestimmte die Clanmutter der einzelnen Stämme (und dabei hatte sie das absolut alleinige Bestimmungsrecht) und im Normalfall behielten die Abgeordneten dieses Amt ihr Leben lang. Bei Inkompetenz und Fehlverhalten konnten sie jedoch auch jederzeit von der Clanmutter wieder abgesetzt werden. (Anführer für Kriegsbelange wurden meist aufgrund ihres Verhaltens und ihrer Erfahrung in vergangenen Kriegszügen bestimmt und übten diese Macht auch nur während der Kriegszüge aus.) Die Bedeutung der in den Ratsversammlungen getroffenen Entscheidungen hielt sich allerdings in Grenzen. Zum einen mussten Entscheidungen einstimmig ausfallen (was bei 50 Teilnehmern nicht ganz einfach ist), zum anderen war jeder einzelne Stamm für sich selbst verantwortlich. So wurden manche Entscheidungen zwar zunächst getroffen, es stand den einzelnen Stämmen aber trotzdem mehr oder weniger frei, diese Entscheidungen umzusetzen oder eben nicht.


Wie bereits erwähnt, hatten sich die einzelnen Stämme zusammengeschlossen, da jeder einzelne dieser Stämme immer wieder in Auseinandersetzungen vor allem mit den Shawnees verwickelt war, deren Stärke, Mobilität und strategischer Kampfkunst sie nicht allzu viel entgegenzusetzen hatten. Zusammen waren jedoch auch sie eine starke Streitmacht, deren Ruf sich noch deutlich vergrößerte, als sie - in Abwesenheit der meisten Shawnees - gegen die starken und zahlenmäßig deutlich überlegenen Huronen in den Krieg zogen. (Zu dieser Zeit gab es etwa 30000 Huronen, was etwa doppelt so viel war, wie alle fünf Stämme der Irokesen zusammen.) Dieser Krieg zwischen Huronen und Irokesen zog sich eigentlich ständig mehr oder weniger heftig durch die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts und steigerte sich immer mehr, bis die neuen französischen Siedler (auf Druck der dort sehr aktiven Jesuiten-Predigern) beschlossen, den Huronen zu helfen. (Wer sich für diesen Teil indianischer Geschichte interessiert, für den lohnt sich bestimmt auch mal ein Besuch hier.)


Die Nachrichten über diese Kämpfe steigerten den Ruf der Irokesen als Krieger bis nahezu ins Unermessliche. Dadurch, dass sie immer wieder schwächere, zahlenmäßig weit unterlegene Gruppen angriffen und diese nach Möglichkeit komplett auslöschten (auch durchaus ohne Rücksicht auf Frauen, Kinder und alte Menschen und dabei auch Folterungen und ritueller Kannibalismus nicht gerade selten war), eilte ihnen der Ruf voraus, gänzlich wilde Mörder zu sein. So waren sie teilweise unter ihren Nachbarn so gefürchtet, dass diese ihre Dörfer oftmals schon kampflos verließen, sobald nur die Nachricht sich verbreitete: „Die Irokesen kommen!“ (Somit waren die Irokesen bestimmt nicht ganz unschuldig daran, dass Indianer ganz allgemein als brutale Wilde abgetan wurden. Leider haben sie sich in dieser Rolle anscheinend auch noch sehr wohl gefühlt und alles daran gesetzt, diesen Ruf möglichst lange zu erhalten.)


Die Ankunft europäischer Einwanderer brachte nun noch zusätzliches Konfliktpotential mit sich. Während die Franzosen sich locker unter die Indianer mischten, in deren Stämme einheirateten und deren Kultur annahmen, betrachteten sich die Briten als überlegene Rasse und behandelten die Indianer denkbar schlecht und unfair (also in etwa so, wie auch die Irokesen die anderen Indianer, die keine Irokesen waren, behandelten). Die Qualität der Waren war zwar deutlich besser als die der Franzosen, jedoch haben die Briten ihre Waren meist zu völlig überhöhten Preisen verkauft. Außerdem dienten sie als eine Art Vorhut für nachfolgende Siedler, die dann das Land für sich in Anspruch nahmen und rücksichtslos ausbeuteten.


Da die Briten den Irokesen zunächst glaubten, dass diese die mächtigsten Krieger überhaupt wären und bisher grundsätzlich alle Feinde besiegt hätten, schlossen sie sich mit ihnen zusammen. Kaum hatten sie aber erkannt, dass die Angaben der Irokesen nicht wirklich der Realität entsprachen, stellten sie sich auf den Standpunkt, dass alle anderen Stämme somit einfach nicht ein Problem der Briten sondern das der Irokesen wären und diese sich somit um diese Angelegenheiten kümmern müssten. Die Briten wollten das Land und seine natürlichen Reichtümer besitzen. Dazu waren sie bereit, es von den Irokesen zu kaufen und es war ihnen völlig egal, ob dieses Land denn auch ursprünglich im Besitz der Irokesen war. Die Irokesen ihrerseits nun wollten die guten Waren der Briten haben. Dafür haben sie den leichtgläubigen Einwanderern alles Land verkauft, was diese wollten (dabei allerdings fein säuberlich darauf geachtet, dass es kein Land war, welches tatsächlich Irokesen gehört). Wenn die Siedler dann Probleme mit den tatsächlichen Eigentümern des durch die Irokesen verkauften Landes hatten, so war das dann ja deren Problem. Aber kaum stimmte der Preis wieder, waren die Irokesen auch durchaus wieder so „freundlich“, die europäischen Einwanderer bei der Durchsetzung ihrer “erworbenen Landrechte” zu unterstützen.


Egal, wie man es dreht und wendet und auch, wenn es mir sehr schwer fällt, über Indianer, gleich welcher Nation auch immer sie angehören mögen, Schlechtes zu verbreiten, Irokesen waren wahre Meister darin, andere zu ihrem eigenen Vorteil auszunutzen und gegeneinander auszuspielen.

Share by: